13/3827.

An Friedrich Schiller

Ihr Schreiben an Humboldt ist zwar recht schön und gut, doch wird es dem Freunde nicht ganz erquicklich seyn, denn es druckt nur allzusehr aus: daß diese Arbeit nicht ganz in unsere gegenwärtigen Umstände eingreifen konnte. Sie haben einen recht wichtigen Punct berührt: die Schwierigkeit im praktischen etwas vom theoretischen zu nutzen. Ich glaube wirklich daß zwischen beyden, sobald man sie getrennt ansieht, kein Verbindungsmittel statt finde, und daß sie nur in so fern verbunden sind, als sie von Haus aus verbunden wirken, welches bey dem Genie von jeder Art statt findet.

Ich stehe gegenwärtig in eben dem Fall mit den Naturphilosophen, die von oben herunter, und mit den Naturforschern, die von unten hinaufleiten wollen. Ich wenigstens finde mein Heil nur in der Anschauung, die in der Mitte steht. Diese Tage bin ich hierüber auf eigne Gedanken gekommen die ich mittheilen will, sobald wir uns sprechen. Sie sollen, hoff' ich, besonders regulativ, vortheilhaft seyn und Gelegenheit geben das Feld der Physik auf eine eigne Manier geschwind zu übersehen. Wir wollen ein Capitel nach dem andern durchgehen.

Mich verlangt recht sehr wieder bey Ihnen zu seyn und mich mit solchen Dingen zu beschäftigen [198] die ohne mich nicht existiren würden, bisher habe ich nur gethan und veranlaßt was recht gut auch ohne mich hätte werden können.

Die Cautel wegen Schlegels finde ich ganz den Verhältnissen gemäß, wir wollen nun das weitere abwarten.

Das beste was mir indessen zu Theil geworden ist möchte wohl die nähere Motivirung der ersten Gesänge des Tells seyn, so wie die klärere Idee wie ich dieses Gedicht in Absicht auf Behandlung und Ton ganz von dem ersten trennen kann, wobey unser Freund Humboldt gelobt werden soll, daß er mir durch die ausführliche Darlegung der Eigenschaften des ersten das weite Feld deutlich gezeigt hat in welches hinein ich das zweyte spielen kann. Ich hoffe daß Sie meine Vorsätze billigen werden.

Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau. Wahrscheinlich bin ich Mittwoch Abend wieder bey Ihnen.

Weimar am 30. Juni 1798.

G.


Hierbey das älteste was mir von Gedichten übrig geblieben ist. Völlig 30 Jahr alt.
[199]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1798. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6D4D-4