2/185.

An Johanna Fahlmer

Diesmal liebe Tante vom Töpfer. Ich danck Ihnen dass Sie wollen meine Meynung darüber transpiriren lassen. Das Stück ist um der Musick willen da, zeugt von der guten menschenfreundlichen Seele des Verfassers und ist dem Bedürfniss unsers Theaters gewachsen, dass Ackteur und Zuschauer ihm folgen können. Hier und da ist eine gute Laune doch würde seine Einformigkeit sich ohne Musick nicht erhalten.

Die Musick selbst ist auch mit vieler Kenntniss der gegenwärtigen Kräffte unsrer Theater komponirt. [123] Der Verfasser hat gesucht richtige Deklamation, mit leichter fliessender Melodie zu verbinden, und es wird nicht mehr Kunst erfordert seine Arietten zu singen als zu den beliebten Kompositionen Hrn. Hillers und Wolfs nötig ist. Um nun dabey das Ohr nicht leer zu lassen, wendete er all seinen Fleis auf Akkompagnement, welches er so vollstimmig und harmonisch zu sezen suchte als es ohne Nachteil der Eingmelodie thunlich war. Zu dem Ende hat er offt Blasinstrumente gebraucht, und manchmal eins von diesen unisono mit der Eingstimme gesetzt, damit sie dadurch verstarckt und angenehm werde. wie z.B. in dem ersten Duett mit der einen Flöte geschehen. Man kann ihm nicht nachsagen dass er kopirt noch raubt. Und es lässt sich immer mehr von ihm hoffen. In einigen Arien könnte das da Capo kürzer seyn wie z. E. in der Ariette: wie mancher plumper Baueriunge p. 78.

Dass er die ganze Partitur hat stechen lassen billig ich, wenn es mehrere thäten würde der Kenner und Liebhaber befriedigt werden. Auch zum Behuf auswärtiger und privat Theater gut seyn.

So was, auf oder ab könnte der Merkur sagen ohne sich zu prostituiren ich saue das so in der Eil. Verzeihts lieb Täntchen. Die liebe Frau und Lotten grüsen Sie mir. Ich binn wie immer bald leidlich bald unleidlich. Hab einige Tage Kopfweh gehabt und war sehr menschenfreundlich. Lasse Sie bald [124] was von sich hören. Bölling ist von seiner Reise wieder da. Er hätte bald den Bassa zu Weimar besucht. Was macht unsre Wette. Adieu Täntchen. Meine Schwester ist glücklich angelandet, und bald eingerichtet. Ade

Franckfurt am 23. Novb. 1773.

Goethe.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1773. An Johanna Fahlmer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6DA3-F