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An Friedrich Jacob Soret

Hätte ich, mein theuerster Herr und Freund, die mannichfaltigen Unterhaltungen, die ich bisher im Geiste mit Ihnen gepflogen, zu Papiere gebracht, so würden Sie manches nicht Uninteressante zu lesen haben. Verschiedenes Hübsche und aller Aufmerksamkeit Werthe ist dies Zeit her bey mir eigekommen, das ich so gern mitgetheilt und dadurch doppelt genossen hätte. Lassen Sie mich also von dem Letzten anfangen, von dem was ich Ihnen schuldig geworden, und nehmen Sie meinen Dank zum schönsten.

[187] Die drey mir übersendeten, durch Schrift und Zeichnung merkwürdigen verdient gern aufzeichnen jeder ein besonders Lob, welches ich zunächst gern aufzeichne und übersende.

Was die Mineralien für Princeß Auguste betrifft, bin ich in einiger Verlegenheit; in dieser Kälte sind meine Sammlungen unzugänglich und, wie ich sie im Gedächtniß habe, möchte sehr weniges zu dem ausgesprochenen Zwecke wünschenswerth seyn. Bedeutende Krystallisationen gibt der Liebhaber nicht gerne her; Massen von Bleyglanz, wie sie hiezu gefordert werden, besitz ich nicht, und sogar wegen der sogenannter Speerkiese hab ich mich auch verrechnet. Als Schwefelkiese haben sie schon ihren Glaz verloren und als freye Krystallisation ( man sieht den Stiel wo sie angesessen haben, die Stelle wovon sie ausgegangen sind). Sodann ist die Form der Krystalle so merkwürdig daß sie jeden Liebhaber interessiren müssen; wie ich denn ein paar für Ihr Kabinett beylege, welche zum Zeugniß des Gesagten dienen werden. Auch haben sich nur wenige gefunden. Ob ich mich wegen ihrer Zahl geirrt, da ich aus Böhmen succesiv mehre glaubte geirrt, da ich aus Böhmen successiv mehre glaubte mitgebracht zu haben, oder ob sie sich in eine Schublade versteckten, kann ich jetzt nicht untersuchen.

Diese vielen Worte, welche nöthig scheinen um die traurige Negative zu entschuldigen, wünsch ich nicht umsonst ausgesprochen zu haben, ich mag aber umherdenken [188] wie ich will, so find ich nichts, wodurch ich meine Dienstwilligkeit in diesem Momente bethätigen könnte.

Wenn Sie eine von Ihro des Prinzen Carl von Preußen Königl. Hoheit an mich gesendete Abbildung des neuen, zwischen Sicilien und der Barbarey entstandenen Vulkans etwa nicht schon gesehen haben, so wird sie Ihnen viel Vergnügen machen. Es ist immer wichtig, von einem so bedeutenden Naturphänomen sich einen angemessenen Begriff in dessen ganzer Macht und Gewalt vorbilden zu können.

Auch zähl ich unter die Glücksfälle: daß mir der Backzahn eines Elephanten-Ferkels (wenn man so sagen darf) zugekommen ist; die eigentliche Zahnwerdung ist hier in ihren ersten Anfängen höchst belehrend zu betrachten.

An Büchern, Heften, Kupferstichen hat es gleichfalls nicht gefehlt und ich schriebe dieß nieder in Absicht und Hoffnung, Ihre Genesung zu befördern, damit ich dergleichen Erwünschtes bald möge vorweisen können.

Deßhalb denn auch immer

das alte Loosungswort!

Und so fort an!

treulichst

Weimar den 3. Januar 1832.

J. W. v. Goethe. [189]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1832. An Friedrich Jacob Soret. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6DC5-5