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An Philipp Seidel

[8. December.]

Hier schicke ich dir die Quittungen, ich will es künftig vierteljährlich thun, auch die auf die Kriegskasse, [306] wo du soviel ich weiß nichts erhoben hast. Mache die Rechnung mit Paulsen in Ordnung und laß mir einige Hundertthaler wieder an Hrn. Rath Reisenstein, wie das letzte mal anweisen.

Ich bin wohl und vergnügt und wäre ganz glücklich, wenn mich nicht das Schicksal zwischen Norden und Süden schwebend erhielte. Doch! schwebt nicht unser ganzes Leben? Wir wollen nun Ostern herbeykommen lassen.

Ich bin fleißig. Claudine und Erwin kommen bald. Du kannst dencken, daß ich im Begriff der bildenden Künste nun immer stärcker wachse und in der Ausübung nicht ganz zurückbleibe.

Wegen deiner hab ich an den Herzog geschrieben und gebeten, daß man dich prüfen möge um dich kennen zu lernen. Ich habe gewissenhaft das Gute gesagt, was ich von dir dencke.

Kayser ist gar brav. Er ist so ganz und tief in seiner Kunst, als ich noch keinen Künstler persönlich gekannt habe. Das Theater macht ihm große Freude, und es ist angenehm mit ihm leben.

Hier leg ich Antworten auf deine Fragen wegen des Papiergeldes bey. In Rom wäre ein Muster einer unglücklichen Haushaltung zu studiren. Es scheinen verständige und kluge Menschen am Ruder zu seyn, die sich aber nicht mehr helfen können, so tief ist alles in den Koth gefahren. Ich mag mich nicht [307] drum bekümmern und mir die Immagination nicht verderben. Lebe wohl. Gedencke mein.

G.


Ich erhalte noch deinen Brief vom 16. Nov. und freue mich deiner Beobachtungen der Natur. Fahre so fort, es ist die reellste Freude unter den speculativen. – Die gute Meynung, die man von meinem Gehirne in Weimar hat, hoffe ich auf die Art zu widerlegen, wie Sophokles eine ähnliche Anklage ablehnte: er schrieb seinen Ödipus auf Colonus und ob ich gleich meinen Egmont nicht mit jenem Meisterstücke vergleichen will; so wird doch schon dieses Stück hinreichend seyn, das Publicum zu überzeugen, daß ich noch bey Sinnen bin.

Laß doch deine Corona Hrn. Herder lesen, wenn dich der absolvirt, so gehst du ganz sicher.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1787. An Philipp Seidel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6E6E-1