20/5568.
An Silvie von Ziegesar
Carlsb. d. 22. Jul. 1808
früh sechse.
Wie ich herüber gekommen weiß ich selbst nicht. Die Nacht war herrlich, der Weg so gut er seyn kann, die Pferde rüstig, der Kutscher brav. Ich war in Gedancken bey Ihnen geblieben und merckte nicht daß es fortging; endlich schlief ich abwechselnd und das liebe längliche Gesichtchen war mit aller seiner Freundlichkeit und Anmuth gegenwärtig, von dem rundlichen war gar nichts zu spüren. Nun besorg ich in Eile [118] einiges für Sie. Die Federn schneidet Riemer und ein armseliges Büschelchen lege ich bey gegen die schöne, reiche, geringelte Gabe. Sie sollen mir's aber gewiß nicht in allem so zuvorthun.
Was ich von leidlicher Speise senden wollte wird mir verkümmert. Die Zunge ist vermufft, Krebse, die schön da sind, räth man mir ab zu schicken, weil sie in der Hitze abstehn würden. Daher muß ich an Geistiges dencken das, wie Sie wissen besonders in die Ferne wirkt. Hierbey folgt also: Ein Sonet von Riemer der sich angelegentlichst empfielt, ein Fläschchen Cöllner Wasser einen Flakon der Schatulle damit zu füllen, ein Schächtelchen Franz Meyrischer Pfeffermünze, item eine Prise Thee, ferner andre getrocknete Pflanzen, doch nicht zum Aufguß bestimmt.
Der Kutscher will abgefertigt seyn, sonst könnte ich noch lange fortfahren. Empfehlen Sie mich aufs allerschönste Ihren verehrten Eltern und Ihrer ganzen Umgebung. Durch Frau v. Bock bitte um einige Worte, besonders um ein schon gebetenes. Tausendmal Adieu! Liebe, liebe Silvie.
G.