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An Kaspar von Sternberg

Hochgeborner Graf
Hochverehrter Herr!

Ew. Hochgeboren hätte meiner Meinung gemäß schon längst persönlich begrüßen sollen, wenn körperliche Beschwerden mich nicht immer Hülfe suchend an der Gränze von Böhmen zurückhielten. Gegenwärtiges erlasse zutraulichst, da mir von mehreren Seiten versichert worden, Hochdieselben würden den Wünschen eines eifrigen Geologen freundlichst entgegen kommen.

Wir waren immer schon den lebhaftesten Antheil genommen an Ihren Bemühungen um die Documente einer vegetabilischen Vorwelt; neuerlichst aber kam besonders zur Sprache die merkwürdige Entdeckung einer noch mehr als bisher auffallenden Erscheinung zwischen Czerchowitz und Rodnitz.

Hievon Exemplare zu besitzen war mein unmittelbarer Wunsch, ja ich würde in jüngeren Jahren von Marienbad aus ohne Zaudern den Weg dorthin unternommen haben, um mich von einem solchen Vorkommen an Ort und Stelle zu versichern.

Da ich aber dieß nicht wagen durfte, so blieb mir die Hoffnung, Ew. Hochgeboren würden mich durch Musterstücke möglichst entschädigen.

Diese Geneigtheit ist mir früher durch Herrn Director v. Schreibers versichert, gegenwärtig aber [311] durch Herrn Geh. Staatsrath Schweitzer, welcher das Glück hatte, Hochdieselben in Carlsbad zu begrüßen, abermals erneuert worden, und ich wiederhole daher meine bescheidentliche Bitte, mir von dem erstgedachten Funde, oder was sonst noch in dieser Art gefällig seyn möchte, in jeder beliebigen Form und Größe, insofern sie instructiv seyn kann, zukommen zu lassen; die fahrende Post bringt jede Sendung ohne Beschwerde zu mir.

Polizeyrath Grüner in Eger hat mir Hoffnung gemacht, daß für Erforschung der Kammerbergs durch Ew. Hochgebornen Vermittlung ein Bedeutendes geschehen könnte. Dem thätigen Manne hab ich meine Wünsche und Ansichten anvertraut. Im nächsten Frühjahr, wenn mir gefristet ist an jene werthen Plätze zurückzukehren, wird es mir höchst erfreulich seyn zu vernehmen, was deshalb beschlossen worden. Am wünschenswerthesten wäre mir, Ew. Hochgebornen auf meinen Wegen zu begegnen.

Könnte aus unserer Gegend irgend etwas Gefälliges übersenden, so würde ich mich glücklich schätzen.

Ew. Excellenz

ganz gehorsamster

Diener

Jena den 20. October 1820.

J. W. v. Goethe. [312]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An Kaspar von Sternberg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6EEB-9