6/1988.

An den Herzog Carl August

Erst Freytag d. 15ten bin ich von Ilmenau zurückgekommen. Wir haben dort mancherley zu thun gefunden und da es uns angelegen war aufs innre zu dringen, so konnten wir unsere Behandlungen nicht übereilen, wie es bey mechanischer Papier Expedition wohl angeht. Ich hoffe es soll Ihnen dieses Werck zur Freude wachsen, wo schon für wenig Geld und in kurzer Zeit viel geschehen ist. In einigen Wochen werden sie auf dem nassen Orte durchschlägig, und noch vor Ostern auf dem Stollen seyn.

Wir haben das Inventarium berichtigen lassen, den neuen Schacht, und tiefen Stollen vom 10ten Lichtloche an befahren, die Gräben bis zu den Freybächer Teichen begangen, einen heimlichen Handel angelegt um die fatale Schneidemühle, auf gothischem Grund und Boden, durch Kauf an die Gewerckschafft zu bringen, wegen Führung der Gräben und Erbauung des Treibewercks die nötigen Voranstalten gemacht, die Haushaltung, das Personale, Materiale pp fleisig untersucht, und durch eine scharfe Aufmerksamkeit[370] auf die geringsten Dinge, der Thätigkeit der Unterbeamten, hoffe ich, eine gute Richtung gegeben. Denn der Zwischenraum vom 24. Februar bis zum Oktbr war zu gros als daß die Impulsion die man dem Wercke damals gab hätte ihre Würckung so gar lange zeigen sollen. Der Geschworne ist ein fürtrefflicher Subaltern, und solange er Vorschrifft und Gesetz hat unverbesserlich, wie das abgeht und er aus eignem Sinne handeln soll weis er sich nicht zu helfen. Anfangs kamen einige Dinge vor die Verdacht gegen ihn erregten, es hat sich aber alles nach und nach zu seinem moralischen Vorteile aus seiner unglaublichen Unfähigkeit die Dinge ohne Norm zu beurtheilen aufgeklärt. Die Abgabe der Frucht an die Bergleute ist hoffentlich Martini in Ordnung.

Man will in Ilmenau von keiner Abfuhr nach Francken etwas wissen, auch steht der Preis schon diese 14 Tage, wie die Aussichten hier sind kan ich nicht sagen da ich noch niemanden der davon unterrichtet wäre gesprochen.

Die Wollenfabrikationen Hetzers und Schnepps gehen recht artig, ich habe Muster und Tabellen mitgebracht darnach sich ihre Industrie leicht übersehen lässt. Mit der Zeit kann dieser Nahrungszweig sehr wachsen. Hofrath Voigt behandelt die Sache sehr geschickt.

Staff wird wegen des Holzes einen Aufsatz einreichen, er verspricht und dreht sich, macht Vorschläge[371] und wendet sich. Das herrschafftliche Interesse ist sein drittes Wort, und doch nur ein sehr kurzer Mantel, unter dem die Röcke, die ihm und seinen Forstbedienten und übrigen Günstlingen besser anpassen, sehr mercklich hervorstosen. Ich will indessen mit Wedeln alles präpariren, und man wird sehn wie man zum Zwecke gelangt.

Docktor Schwabens Gesundbrunnen soll heute Nachmittag bey Buchholz probirt werden, ich fürchte sehr es ist gemeines Wasser und von keinem Mineralgeiste belebt.

Die Einsiedels die nun abgegangen sind um sich Afrika zu nähern, haben in Oberweimar ein gar wohl eingerichtetes Laboratorium zurückgelassen. Gefäse und Werckzeuge, Säuren, Salze, feste und flüssige Körper was zu den vorzüglichsten Chemischen Arbeiten nötig ist, findet sich darinne neu, wohl zubereitet und in dem besten Stande. Unser Einsiedel hat es angenommen und will es verkaufen. Er hat mir von 170 rh. gesprochen, und er giebt es noch wohlfeiler. Nun wäre mein Vorschlag Sie kauften es als Fond zur künftigen Ausstattung Götlings; Büttner hat auch ein klein Hauslaboratorium das man in der Folge dazu schlagen könnte, was noch abgeht schaffte man nach und nach an und es wäre zuletzt unmercklich beysammen. Ich würde es diesen Winter auch gebrauchen können, Theils um die letzten Bewegungen der Sievertischen Thätigkeit die für sich nie zu einem [372] Ziel kommt, zu nutzen, Theils meine mineralogischen Ideen aufzuklären und mich zum Hüttenwesen vorzubereiten. Wenn es Göttling gesehen und geschätzt hat will ich einstweilen, bis auf Ihre Ratifikation in Handel treten.

Auch habe ich ein Baro- und Thermometer bey dem Nordhäuser Wetterpropheten bestellen lassen ich will es zu mir in's Haus hängen und die Beobachtungen theilen.

Gleich heute will ich mich erkundigen wie weit die Sache mit den Armenanstalten gelangt ist und gerne alles beytragen um sie weiter zu führen.

Der alte Büttner hat eine Proposition gethan. Wenn Sie 100 rh. iährlich für die Bibliotheck aussetzen wollten so wollte er 100-150 dazulegen. Man müsste ohne dies etwas thun um die rohen Bücher binden zu lassen damit sie nicht gar zu Grunde gehn. Sie sind schon dreymal hin und wieder geschleppt worden.

Schlözer ist hier und bedauert sehr Ihnen nicht aufwarten zu können. Buchholz hat ihm den Luftballon steigen lassen, ich hoffe der deutsche Aretin wird von dieser Ätherischen Ehrenbezeugung sehr geschmeichelt seyn. Knebel ist seinetwegen aus Jena gewichen und befindet sich in Tiefurt.

Wir haben eine kleine Session gehalten und die Daasdorfer Sache in Ordnung gebracht. Es wird sogar über unsre Deliberation ein Extracktus Protokolli [373] zu den Ackten gebracht damit man sehe wie wohl alles durchdacht, durch disputirt und wie reiflich ponderirt worden.

Nachher kam Schmidt in einen patriotischen Eifer und sprach viel wie unsren Finanzen sollten die Reisen stärcker angetrieben werden, daß es recht schade ist daß Sie nicht wenigstens hinter dem Schirm zugehört haben. Es ist würcklich ein Mensch dem es Ernst ums Gute ist.

Viel Glück auf Ihren Weegen und Steegen, ich bin auf Ihre Rückkunft sehr neugierig.

Weimar, d. 18. Oktbr. 1784.

G.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1784. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6F1D-B