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An Charlotte von Stein

Da ein Theil meiner Caravane nach Weimar zurückgeht, so sende ich einiges bey dieser Gelegenheit.

Aus den Schillerschen Gedichten, für deren Mittheilung ich bestens danke, habe ich die Glocke ausgezogen und dramatisch vorgestellt, wobey uns ein guter Beyfall zu Theil geworden. Ich hoffe, Sie sollen sich auch daran bald in Weimar erfreuen.

Die übrigen Beylagen werden Ihnen einiges Vergnügen machen. Ich bitte, sie bis zu meiner Rückkunft aufzuheben.

Mein Befinden läßt sich recht gut an, und außer der Apprehension vor Rückfällen, die leider so oft eingetreten sind, möchte ich mir meinen Zustand kaum besser wünschen.

Zelter hat mich auf einige Tage besucht und mir durch seine Gegenwart große Freude gemacht. Man fängt wieder an, ans Leben zu glauben, wenn man[37] solche Menschen sieht, die so tüchtig und redlich wirken, gegen so viele, die nur wie das Rohr vom Winde hin und her geweht werden.

Nun gedenke ich eine kleine Reise mit Geheimerath Wolf und August nach Helmstädt zu machen, um da selbst den wunderlichen Doctor Beyreis zu besuchen. Er ist schon so alt, daß man sich eilen muß, um ihn und seine Besitzung noch zusammenzufinden. Ich weiß nicht, ob Sie früher von ihm gehört haben. Er ist seit langer Zeit deswegen merkwürdig, daß er Sammlungen aller Art zusammengebracht hat und zwar von solchem Umfang und Kostbarkeit, daß sie das Vermögen eines Particuliers zu überschreiten scheinen. Ich bin neugierig, alles das mit eigenen Augen zu sehen. Auf alle Fälle müssen sich darunter sehr interessante Sachen befinden.

Lassen Sie mich Ihnen selbst und den Freundinnen empfohlen seyn und versäumen Sie nicht, mich Durchlaucht der Herzogin zu Füssen zu legen. Zu Ende dieses Monats hoffe ich wieder aufzuwarten.

Lauchstädt den 12. August 1805.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1805. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6F72-B