44/201.

An Thomas Carlyle

(Fortsetzung des vorigen Briefs.)

Ottilie grüßt Madame Carlyle zum allerschönsten; sie und ihre Schwester haben eine Stickerey angefangen, welche mit diesem Transport fortgehen sollte. Diese freundliche Arbeit, durch nothwendige Badereisen und nun durch das traurigste Ereigniß unterbrochen, soll, hoff ich, obgleich später, in anmuthiger Vollendung dort eintreffen.

Der dritten Lieferung meiner Werke lege auch das neuste Stück von Kunst und Alterthum bey; Sie werden daraus ersehen daß wir Deutsche gleichfalls im Fall sind, uns mit fremden Literaturen zu beschäftigen. Wie durch Schnellposten und Dampfschiffe rücken auch durch Tages-, Wochen- und Monatsschriften die Nationen mehr an einander, und ich werde, so lang es mir vergönnt ist, meine Aufmerksamkeit besonders auch auf diesen wechselseitigen Austausch zu wenden haben. Doch hierüber möchte in der Folge noch manches zu besprechen seyn; Ihre Bemühungen kommen zeitig genug zu uns, den unsrigen sind auch schnellere Wege gebahnt; lassen Sie uns der eröffneten Communication immer freyer gebrauchen, besonders geben Sie mir zunächst einen hinlänglichen Begriff von Ihrem gegenwärtigen Aufenthalt: ich finde Dumfries ein wenig über dem 55. Grad am Fluß Nith, unsern dessen Ausmündung in das [257] Meer; wohnen Sie in dieser Stadt oder in der Nähe? und auf welchem Wege erhalten Sie meine Paquete, da Sie am westlichen Meere gelegen sind? Wahrscheinlich noch über Leith und dann zu Lande. Doch wie es auch sey, lassen Sie bald von sich hören in Erwiderung des Gegenwärtigen. Grüßen Sie Ihre liebe Frau; ich lege dießmal wenigstens einige Noten für sie bey.

Gleichzeitig mit dem den 18. Juni von hier mit der Post abgegangenen Schreiben. Abgesendet von Schloß Dornburg an der Saale; mit Bitte, alles an mich Abgehende nach Weimar zu adressiren.

G.


Den traurigsten Fall der uns betraf, daß wir unsern unschätzbaren Fürsten verloren, habe früher schon gemeldet und ist Ihnen auf jeden Fall durch die Zeitungen bekannt geworden. Ich lege eine kurze wohlgerathene Schrift zu seinem Gedächtniß bey, woraus Sie den allgemeinen Verlust beurtheilen, zugleich aber auch näher an meinem Zustande Theil nehmen werden, wie ich mich, nach einem mehr als funfzigjährigen Zusammenleben, bey einer solchen Entbehrung finden muß. Manches was ich hinzufügen wollte unterbleibt für dießmal; indessen ist es Bedürfniß, alle meine übrigen Lebens-Verhältnisse emsig fortzusetzen, weil ich nur darin eine Existenz finden kann, wenn ich, in Betrachtung dessen was er gethan und[258] geleistet, auf dem Wege fortgehe den er eingeleitet und angedeutet hat. Leben Sie recht wohl und lassen bald von sich hören.

and so for ever

Schloß Dornburg den 8. August 1828.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1828. An Thomas Carlyle. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6FA5-A