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An August von Goethe

Carlsbad den 15. May [1820].

Eine Schachtel ist gepackt, in Erwartung von Schützens Ankunft, nun wollen wir auch ein kurzes Brieflein zurecht legen.

Herr Geh. Legationsrath Conta hat mich, durch seine Gegenwart, mancherley Mitgebrachtes und Mitgetheiltes sehr erfreut, Rehbein soll für seinen Brief höchlich gelobt seyn. Heute am 14. kam dein Brief vom 9.; wobey ich vorläufig bemerke, daß das Zusammenhalten der Tagebücher und Witterungsnachrichten höchst interessant seyn wird: denn eben Nachts, zwischen dem 7. und 8. May, war hier ein gewaltsamer Regenguß ohne Gleichen. Übrigens ist, gegen einander gehalten, bey uns das Wetter erfreulicher als bey euch.

Steine übrigens werden zusammengeklopft gränzenlos, seitdem Stadelmann, der keinen Garten weiter zu versorgen hat, seine Thätigkeit, insofern Zeit bleibt, auf das Einsammeln geologischer Producte verwendet. Eine Gelegenheit begünstigt unsere Nachforschungen. Denn zu einer Ansiedelung am Bernhardsfelsen arbeitet man das Gestein bis unter die Füße des Heiligen weg, und wir gewinnen Fauststücke von der größten Schönheit. Vor vierzig Jahren hätte man eine solche Operation für gottlos gehalten.

[31] Alles was geschieht wird in Schriften verfaßt und in die ordentlichsten Actenstücke geheftet, so daß, wenn ich nach Hause komme, alles zum Nutzen und Gebrauch bereit liegt. Der Druck wird gleich angefangen und so giebt es auch wieder Unterhaltung.

Da, wie und die Erfahrung lehrt, immer 8-10 Tage zum Hin- und Wiederschreiben nöthig sind, so will ich festsetzen als wenn ich Sonnabend den 27. May von hier abginge, damit ihr in der Pfingstwoche nicht weiter schreibt; ich aber schreibe immer fort, weil es euch am Ende doch erreicht. Genau bestimmen soll man nichts, weil so mancherley sich ereignen kann.

Die Carlsbader fühlen sich dießmal einigermaßen verlegen; es sind noch nicht so viel Bestellungen da als sie wünschten; doch zweifle ich nicht, es werde sich nach und nach schon füllen.

Frau von Herder ist schon hier, seit dem 26. April. Ich habe bey ihrer Gefährtin Frau Scheidhauer anfragen lassen, welche versichert, daß es sehr gut gehe, auch gebe der Arzt die beste Hoffnung. Ich will mich nun näher umthun und sie besuchen wenn es angeht. Empfehlt mich Herrn Geh. Cammerrath Stichling und grüßt der Reihe nach auf- und abwärts.

Dienstag den 16. May. Dein guter Brief ist angekommen, und erfreut mich gar sehr, euer häuslich-geselliges Wesen, so wie das Genießen eures Besitzes: denn da glaubt man doch einmal zu sehen, daß Friede im Lande ist. Fahrt so fort und ich will [32] hoffen, daß ich auch wieder zu euch gelange wie ich mich jetzt befinde. Doctor Schütz ist noch nicht da, die Schachtel aber gepackt und besorgt. Auf dich bezieht sich eigentlich der Egeran und eine seltene Versteinerung.

Als meine Carlsbader Sammlung abgegangen war, verlangte der Fürst von Thurn und Taxis sie zu sehen; dadurch wurden wir veranlaßt, aus dem Bodenvorrath der Drey Mohren und dem neu zusammen Getragenen eine zweyte aufzulegen, die sich, auf blau geglättet Papier, recht stattlich ausnimmt, nachdem uns deren Bereitung einige Tage unterhalten hat. Frau Herzogin von Curland und Frau Gräfin von Reck habe einigemal besucht; sie sind so gut, einsichtig und unterhaltend wie immer und auch so klug, jederzeit ein paar frische junge Augen in ihrer Umgebung mitzuführen.

An Nicolovius werde ich vor meinem Abgange einen freundlichen Brief erlassen und in diesen wenigen Tagen noch manches abthun.

Ferneres Gute wünschend

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6FBF-1