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An Johann Jacob von Willemer

Beykommendes bitte Herrn Grafen Reinhard, sobald er ankömmt, zu überreichen; wie sehr verdient der Würdige sogleich begrüßt zu werden!

Ferner bitte mich Herrn Andreä recht angelegentlichst zu empfehlen; er ist wie die heiligen Könige auf einem andern Weg in sein Land gezogen, und wir mußten ihn vergebens erwarten. Danken Sie ihm also, mein Theuerster, zum allerbesten und schönsten für die colossale Pflanze, welche freylich an den Elephanten-Fuß erinnert. Diese kostbare Gabe ist, begünstigt durch das gelinde Wetter, glücklich angekommen und sogleich nach Belvedere den geübtesten Kunstgärtnern zur Pflege übergeben worden, wo sie sich denn unter so vielen botanischen Wundern noch immer wundervoll [262] genug ausnimmt. Ein sehr viel kleineres Exemplar steht ihr zur Seite und seltsam genug ist es, daß es einem unserer jungen, thätigen, gereif'ten Gärtner gelang, einige aus jenen Reisen merklich contrastiren. Auch unsere gnädigsten Herrschaften, als Kenner und Freunde der Botanik, besuchen selbst in Wintertagen den neuen Ankömmling fleißig; Fremde betrachten ihn mit Aufmerksamkeit und des freundlichen Gebers wird dabey immer gedacht.

Nun aber eine literarische Anfrage: im Sauerländerischen Verlag ist ein Büchlein herausgekommen: die Priesterinnen der Griechen, von Dr. Adrian. Ich wünschte einige Nachricht von diesem Manne, wo er sich aufhält, was er etwa sonst geschrieben, woher er ist, wie alt und dergl. Eine solche Notiz würde mir viel Vergnügen machen, da mir das Büchlein selbst wohl gefallen hat.

Dagegen hoff ich sollen durch Eis und Schnee einige bunte Vögel in diesen Tagen angekommen seyn, welche mit Kindern und Freunden zu verzehren, auch Herrn gute vorzulegen bitte.

Gar viel wäre noch zu sagen, ich aber füge nur noch die schönsten Grüße an eine liebenswürdige, schalkische Freundin hinzu, die nicht allein trauliche Mittheilungen verspätet, sonder sich auch über poetische Dedicationen gar schelmisch aufhält. Zugestehn muß man ihr zwar, daß gewisse privatisirende Herzenswidmungen [263] von größerer Bedeutung sind, besonders wenn sich dauernder Gefühle schmeicheln dürfte.

Das liebenswürdige Gold- und himmelblaue Blättchen scheint dergleichen anzudeuten und war deshalb herzlich willkommen. Soviel sey dießmal dem Papier anvertraut.

treulichst

Weimar den 6. Januar 1823.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1823. An Johann Jacob von Willemer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7077-9