48/218.

An Johann Friedrich Cotta

Ew Hochwohlgeboren

sind nunmehr durch die Aushängebogen des Herrn Frommann in Kenntniß gesetzt, daß wir das auf die Metamorphose bezügliche Heft endlich abgeschlossen haben.

Da es sich nicht wohl ziemen will, daß man theilnehmenden Freunden in die Ferne die einzelnen Unbilden vorklage, welche unsre Thätigkeit hemmen und [237] verspäten, so hab ich bisher über manches geschwiegen, besonders da ich von Ihrer Einsicht in die weltlichen Dinge mir versprechen durfte, Sie werden mitgefühlt haben, daß die gegen Ende des vorigen Jahrs mich betroffenen Unglücksfälle eine völlige Umänderung in meinem Lebensgange machen würden. ich mußte still stehen da, wo ich kräftig vorzuschreiten gedachte; da, wo ich glaubte aufgehört zu haben, mußt ich von vorne anfangen und ich will nur bekennen, daß ich mehr als einmal auch dieses Heft, wie es jetzt liegt, nicht zu endigen fürchtete.

Wir sind nur bis zur Hälfte, zum 15. Bogen, gelangt, und ich bleibe deshalb nach früherer Verabredung wegen der andern Hälfte Ew. Hochwohlgeboren Handlung Schuldner. Eine Differenz, die sich auf ein oder die andere Weise gar wohl wird ausgleichen lassen.

Was mich bey allem diesen dennoch erfreuen kann, ist: daß ich in den allerletzten Blättern noch im Falle war eine wissenschaftliche Angelegenheit zur Sprache zu bringen, welche zunächst die botanische Welt höchlich beschäftigen würde, und zugleich an jene Verhandlungen anknüpfen konnte, bey welchen ich in Frankreich einige Sensation zu machen das Glück hatte.

In allem diesen, so wie in anderem fahr ich fort, mäßig zu wirken, da mir auch eine ausgebreitete Correspondenz gar manchen Nutzen verschafft; so wie ich nicht unterlassen darf meine Freunde zu rühmen, die Herren Meyer, Riemer, Eckermann, welche mir die [238] mannichfaltigen Papiere, die sich um mich häuften, zu ordnen, zu redigiren und gewissermaßen zu gestalten beyräthig sind.

Indem ich nun durch dieses vertrauliche Bekenntniß manche bisherige Retardation und ein langes Stillschweigen zu entschuldigen und aufzuwiegen hoffe, so will ich nur noch versichern, daß mein aufrichtigster Wunsch ist: es mögen des verehrten Paares gleichfalls gesteigerte Jahre von äußern Übeln dergestalt bewahrt bleiben, damit die innre Lebenskraft auf eine so mannichfaltige unübersehliche Weise fortzuwirken kräftig bleibe. Die Jahre nehmen ohnehin, was sie früher brachten; wenn nun auch die Außenwelt ihren Antheil wegnehmen will, so möchten wir zuletzt als allzu nackt und hülflos dastehen.

Doch sey es nicht muthlos geschlossen! vielmehr mir der Versicherung: daß ich jeden guten Augenblick zu nutzen trachte, um derjenigen, die an mir theilnehmen, bis an's Ende werth zu seyn.

Hochachtungsvoll wie vertrauenvoll

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 16. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


Sollte von demjenigen, was Herr Neureuther in Paris geleistet, irgend etwas communicabel seyn, so würde es mir zu der angenehmsten Unterhaltung gereichen.

[239]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1831. An Johann Friedrich Cotta. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7078-7