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An Christiane Vulpius

Nachdem wir sehr böse Wege überstanden haben, sind wir glücklich in Lauchstädt angelangt. Die Pferde haben mich oft gedauert; allein da der Kutscher auf jede Weise sorgfältig fuhr, so ist alles gut abgelaufen und daß sie sich wohl befinden zeigt der gute Appetit. Es war ein Glück daß wir trocknes Wetter hatten. Geist und Bloß sind wohl den halben Weg gegangen und ich habe mich auch oft auf die Beine gemacht.

Hier in Lauchstädt ist es ganz angenehm, die Linden theilweise grün, andere im Ausschlagen. Die Kastanienbäume fangen an zu blühen und die sämmtlichen Obstpyramiden, um den Teich, stehen in voller Blüthe.

Der neue Gärtner hat sich sehr thätig bewiesen und das Ganze wird ordentlicher und reinlicher aussehen[221] als vorm Jahre. Besonders hat man den guten Einfall gehabt das ganze Heckenwesen, unten, im sogenannten Boskett, wegzuschlagen, wodurch man eine freye Aussicht, über so viele schöne Lindengänge, bis hinaus auf die Wiese hat.

Zwischen dem Theater und der Landstraße haben sie eine Lindenanlage gemacht, die nicht ganz zu tadeln ist. Das alte Schauspielhaus ist abgebrochen und es sieht aus als wenn der Platz nunmehr planirt und der alte Leimenhügel, der schon ziemlich geschmolzen ist, völlig abgetragen werden sollte. Genug es sieht aus als ob die Herren Sachsen sich, nach unserm Beyspiel, auch einmal rühren wollten.

Das Haus hat sich den Winter durch recht gut gehalten und wenn es nun noch abgeputzt wird, so denke ich, soll sichs von außen auch gut ausnehmen.

Ferner wirst du die Hallen neu angestrichen finden und was dergleichen mehr ist, woraus du siehst daß man die Gäste gut zu empfangen denkt. Ich werd morgen als den 5. nach Halle und Giebichenstein gehen. Wie es nachher weiter mit mir wird weiß ich selbst noch nicht. Grüße Gusteln aufs beste und lebe recht wohl und vergnügt.

Lauchstädt am 5. May 1803.

G. [222]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1803. An Christiane Vulpius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-70D1-C