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An Johann Kaspar Lavater

Lieber Bruder, deine Leute hier hab ich meist gesehen, Kirchbergern noch heut Abend spät anderthalb[88] Stunden auf seinem Landhaus gesprochen. Es ist ein Mann mit dem sich gut reden lässt und ich habe die Zapfen meiner Gefäse, wie er angeklopft hat, gar freundlich ausgezogen, und mir auch dagegen von dem seinigen reichen lassen. Auf alles was er gefragt hat, hab ich ihm in meiner Art geantwortet, und durch Gleichnisse und anschlagen wurden wir bald bekannt. Auch hab ich ihm hie und da mehr gesagt als er gefragt hat, denn es hängt alles gar hübsch bey ihm zusammen, und er hat für sein Alter und dass er viel für sich durchdacht hat, eine schöne Gelencksamkeit der Gedancken.

Nun wirds weiter gehn. Verschiedne Packete sollen an dich geschickt werden hebe mir sie auf. Wir gehen auf Lausanne und Genv. Bey Neuburg sind wir schon gewesen, es thut mir leid die Generalinn nicht zu sehen, ich schick ihr deinen Brief. Wenn du mir was noch zu sagen hast, so schicks an Toblern den ich gewiss aufsuche. Von Genv hörst du weiter von mir.

Was der treue Cameralische Okulist mit dem Braunschweiger Herzog will, versteh ich ausser dem Zusammenhang nicht. Wenn's so ist wie ich vermuthe, mag er's immer noch ein Paar Jahrhunderte aufschieben, und es soll auch dann wills Gott nicht passen. Es ist nur seit man die Kazzen weis gemacht hat, die Löwen gehören in ihr Geschlecht, dass sich ieder ehrliche Hauskater zutraut er könne [89] und dürfe Löwen und Pardeln die Tazze reichen und sich brüderlich mit ihnen herumsielen, die doch ein vor allemal von Gott zu einer andern Art Thiere gebildet sind. Adieu. Eh wir Zürch nahen hörst du mehr von mir. Bern d. 17. Otbr. 79.

Grüs dein Weib und die kleine, es soll mich wundern ob und wie wir uns verändert finden.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1779. An Johann Kaspar Lavater. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-70D4-6