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An Carl August Varnhagen von Ense

Ew. Hochwohlgeboren

habe, nach langem Zögern, schuldig zu vermelden, daß mit dem Postwagen endlich das angekündigte Manuscript abgegenagen ist.

Ob Sie noch die Redaction gefällig übernehmen mögen, ob Sie es für Ihre Anstalt nöthig und nützlich halten, muß Denenselben völlig anheim geben.

Unsere werthen böhmischen Freunde haben in dem übrigen Deutschland so wenig Theilnahme gefunden daß sie mit dem Jahre 1829 die Monatschrift abschließen und unter dem Titel: Jahrbücher des Böhmischen Museums, künftighin nur vierteljährig hervortreten wollen. Sie behaupten die Buchführer Deutschlands hätten sich gleichsam verschworen, aus mehr oder weniger begründetem Haß gegen die österreichische Censur, alles was aus den österreichischen Staaten an sie geschickt wird, ohne Unterschied a priori als Krebse zu behandeln. Was kann man dazu sagen? als daß zu aller Mittheilung eine Reciprocität gefordert wird.

Da ich mich diesen harten Winter ganz gut gehalten habe wünsch ich dieß auch von meinen Freunden zu vernehmen; nicht weniger im Frühjahr, ob die Ihrer liebenswürdigen Reisegefährtin übersendeten Rosenzweige [238] gleichfalls der übermäßigen Kälte Trotz geboten haben.

Leider versetzt uns seit einiger Zeit das Befinden unsrer Frau Großherzogin Mutter in einige Sorge; doch wollen umsichtige tüchtige Ärzte uns von Tag zu Tag in frischer Hoffnung erhalten.

Sagen Sie mir ein Wort wenn das Plaquet ankommt und unterrichten mich zugleich von dem Befinden Ihrer Frau Gemahlin. Dem Ihrigen traut man immer das Beste zu. Von mir darf ich noch hinzusetzen daß ich das Andenken meiner abwesenden geprüften Freunde festhalte und, wenn auch im Augenblick nicht in die Ferne wirkend, doch immer im Stillen fortarbeite, früher oder später denselben Freude zu machen. Hieran schließt sich der Wunsch ob wir die Biographie des frommen Oberhirten einer so weit ausgebreiteten Gemeinde wohl auch bald zu hoffen haben. Ich bin höchst verlangend Leben und Thätigkeit eines Mannes, der in meiner Jugend auf mich und meine Umgebung stark einwirkte, nun einmal im Ganzen und in Bezug auf die allgemeine Weltgeschichte, durch eine meisterhafte Darstellung zu überblicken.

Lange verzögert, endlich doch übereilt.

Immer treu

unwandelbar

Weimar den 13. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.


[239] [Beilage.]

Vorliegende Sendung besteht aus einem Fascikel:

A. Das Concept der Aufsätze, in ziemlicher Ordnung, wie solches im Jahre 1828 zu Stande gebracht, von vorn herein ziemlich ausgearbeitet und consequent. Nach fol. 14 fängt es an, schematisch zu werden. Ausgeführt ist noch ein Aufsatz über den botanischen Garten zu Prag und über die merkwürdige Brücke bey Carlsbad; die Arbeit stockt aber alsdann, unter guten Wünschen und Vorsätzen. Sodann besteht das Heft aus

B. Einigen Bogen in reiner Abschrift.

C. Enthält einen Nachtrag, wie ich solchen so eben aus Böhmen erhalte. Wodurch sich das Ganze einigermaßen abrundet, und für denjenigen, der sich mit kritischen Übersichten beschäftigt, nicht ohne Werth seyn möchte.

Sollte man es für nöthig finden, die drey Jahrgänge der Monatschrift und das erste Vierteljahr der Jahrbücher einzusehen, so würde solche gern überschicken.

Vielleicht wäre, in der jetzigen Epoche, ein freundliches Wort von Berlin her ausgleichend und wirksam; denn die Gesellschaft der Naturforscher hat die Hoffnung, im Jahre 1831 ihre Zusammenkunft in Prag, vielleicht gar in Wien zu feyern.

[240] Zu vollständiger Übersicht hefte ein paar Briefe bey, die ich im Juni und Juli 1829 nach Prag schrieb, und mit dem Übrigen wieder zurück erhielt. Auch diese beweisen, daß ich mein altes Metier ruhig fortführe: »Mögliche Vermittlung zur unmöglichen Übereinstimmung der Erdenbewohner.«

unwandelbar

Weimar den 13. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An Carl August Varnhagen von Ense. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-715C-0