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An Johann Gottfried Schadow

Ew. Wohlgeboren

sehr willkommenes und erfreuliches Schreiben vom 7. November v. J. schließt sich mit den Worten: »An die schöne Medaille von Michael Angelo denkend« pp. und diese sind Schuld daß erst so spät wieder ein Lebenszeichen von mir zu Ihnen gelangt.

Als Künstler werden Sie gewiß dem Liebhaber und Besitzer eine gewisse Pedanterey und Philisterey [91] verzeihen. Ich hatte früher einige sehr ärgerliche Fälle erlebt, welche mich gegen das Abgießen von älteren Dingen sehr apprehensiv machten; wie sehr ich aber wünschte Ihnen das wirklich schätzbare Kunstwerk des Leo von Arezzo, zum Andenken unseres plastischen Urältervaters, in Abguß zu überliefern, ersehen Sie daraus, daß ich nicht eher ruhen konnte, als bis sich jemand fand dessen Gewissenhaftigkeit ich diesen bleiernen Schatz anzuvertrauen geneigt wäre. Nun erhalten Sie einen Abguß des Kunstwerks, das mir durch Ihre Aufmerksamkeit doppelt werth geworden. Dem blanken und farbigen Exemplar lege zur Vergleichung noch ein größeres Medaillon bei, von dem verdienstvollen Varin gefertigt, wahrscheinlich nach derselben Münze; wie weit aber bleibt solches gegen dem Original zurück. Die Abgüsse einiger geschnittener Steine, die sich seit kurzem bei mir eingefunden, lege bei, auch diese Miniaturen sind dem Künstler sehr ergötzlich.

Mögen Sie mir nächstens weitere Nachricht geben wie unser guter Blücher fernerhin ausgearbeitet wird, so erzeigen Sie mir eine wahre Freundschaft. Nachdem die Sorge für den Guß überstanden ist, so möcht ich doch auch nun gern im Zusammenhang bleiben, wie Sie zur Vollendung vorschreiten. Mögen Sie mich auch Herrn von Preen, dem auch eine Dankantwort schuldig bin, gelegentlich empfehlen, so verbinden Sie mich auf's neue.

[92] Sagen Sie mir doch auch: was haben Sie von den Abgüssen Elginischer Marmore in Berlin? Wir haben uns hier einstweilen mit Kreidezeichnungen in wirklicher Größe, sehr brav von Haydons Schülern gearbeitet, begnügen müssen, da denn zwei, von den Engländern sogenannte Fates, eine in der andern Schoße ruhend, von dem größten Werthe sind. Jeden Kunstfreund wird es freuen daß der Plastik hiedurch neuer Succurs zukommt, da sich die Malerey, aus frömmelndem Jammer, weder theoretisch noch praktisch so leicht erholen kann.

Von Ihrem Jahresfest habe durch Gubitz und sonst manches Erfreuliche vernommen. Wenn ich nicht selbst einiges beigetragen, verzeihen Sie, Andrang und Zersplitterung vermehrt sich in Jahren wo Ruhen und Einigung das Nöthigste wäre.

Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken und grüßen die Freunde.

Weimar den 11. März 1819.

Goethe.

Die Sendung folgt nach.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1819. An Johann Gottfried Schadow. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7204-C