22/6210.

An Elisabeth von der Recke

Hochgebohrne Gräfinn,
gnädige Frau,

Sie haben mir, verehrte Freundinn, seit meinen Jünglingsjahren, so viel Gunst und Freundschaft erwiesen, daß ich wohl hoffen darf, Sie werden auch diesmal den Knaben gütig aufnehmen. Beschauen Sie in diesem Bändchen aufgeführte Bilderreihe mit nachsichtiger Aufmercksamkeit, und sagen mir ein treues Wort, wie sie Ihnen erscheint und was Sie von der Folge erwarten und hoffen.

Seit manchen Jahren bin ich Zeuge der schönen Wirckungen, die Ihnen erscheint und was Sie von der Folge erwarten und hoffen.

Seit manchen Jahren bin mich Zeuge der schönen Wirckungen, die Ihnen das Vaterland zu verdancken hat, und ich muß mir im Voraus die Erlaubniss erbitten, [190] davon zu seiner Zeit nach meiner Überzeugung sprechen zu dürfen.

Bey soviel unerläßlichen Widerwärtigkeiten, die der Mensch zu erdulden hat, bey unvermeidlicher Spannung und Widerstreit, macht er sich oft ganz willkürlich ein Geschäft sich von andern zu trennen. Diesem Übel zu begegnen haben die vorsehenden Gottheiten solche Wesen geschaffen, welche durch die vorsehenden Gottheiten solche Wesen geschaffen, welche durch eine glückliche Vermittlung dasjenige was sich ihnen nähert zu vereinigen, Misverständnisse aufzuheben, und einen friedlichen Zustand in der Gesellschaft herzustellen wissen. Sagte ich nun: Sie verehrte Freundinn, gehören zu diesen; so würde ich viel zu wenig sagen. Denn auf meinem Lebenswege ist mir niemand begegnet, dem jene Gabe mehr wäre verliehen worden als Ihnen, oder der einen so anhaltenden, so schönen Gebrauch von derselben gemacht hätte.

Auch ich und die Meinigen haben davon vergangnen Sommer die wünschenswerthesten Wirckungen erfahren. Meine Frau, die sich Ihnen angelegentlichst empfielt, ist noch immer durchdrungen und bewegt von Ihrer Güte, und in unserm kleinen Familienkreise wird Ihr Andencken als eines wohlthätigen Genius verehrt. Möge uns das Glück beschert seyn, Ihnen, Verehrte, wieder an der heilsamen Quelle zu begegnen, und uns von Ihrem Wohlbefinden gegenwärtig zu überzeugen.

[191] Möchten Sie uns gelegentlich Ihrer unvergleichbaren fürstlichen Schwester, Ihren liebenswürdigen Richten, namentlich der Fürstinn von Hohenzollern, auf das dringendste empfehlen, nicht weniger uns in das Andencken des Herrn Tiedge zurückrufen; so würden Sie uns auf's Neue und wiederholt verpflichten. Erlauben Sie daß ich nun schließe und mich verehrend unterzeichne

Weimar d. 8. Nov. 1811.

Goethe.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1811. An Elisabeth von der Recke. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-72A4-2