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An Christian Friedrich Tieck

[Concept.]

[Jena, Ende Mai 1818?]

Wenn ich das Datum Ihres werthen Briefes vom [26. Februar], welcher in weniger als vier Wochen mir zugekommen, bedenke, so finde ich freylich höchst unrecht daß man sich nicht öfters ein Merckmal giebt, man sey auf diesem Weltkörper körperlich noch beysammen.

Sie haben, werthester Herr Tieck, so viel Zeugnisse Ihres kostbaren Talents bey uns aufgestellt, daß wir weder treppauf- noch treppabwärts gehen könnten, ohne Ihrer zu gedenken, und wenn wir, in jener nicht lange vergangenen Zeit, manchmal nicht ganz überein stimmten, so findet sich nun, es waren ganz kleine Differenzen gegen die Widerstreite, welche sich in den letzten Kunstjahren hervorthaten.

Wenn dasjenige, was die Weimarischen Kunstfreunde zuletzt aussprachen, Ihnen Freude gemacht hat, so beweist dieß, daß wir alle zusammen immer im alten Sinne verharren, in welchem wir sonst so thätig wirkten. Daß Sie es von Ihrer Seite nicht fehlen lassen, daran habe ich nie gezweifelt.

Freylich kommt es hauptsächlich darauf an wie der Künstler beschäftigt wird. Äußere Nöthigung gereicht ihm zum Vortheil wie zum Nachtheil.

[186] Nun erlauben Sie mir aber einen kleinen Auftrag, den ich an Sie ergehen lasse und den Sie zu erfüllen geneigt seyn werden, wenn er Ihnen auch einige Mühe macht.

Sie kennen sehr wohl den sogenannten Florentinischen Ruinen-Marmor, ich besitze ihn selbst in größeren und kleineren Stücken zu Dutzenden, er wird in Florenz verarbeitet und kann nicht rar seyn. Niemals habe ich aber erfahren können wo er eigentlich bricht, noch weniger aber ist mir jemals ein rohes Stück, mit frischem unpolirtem Bruch zu Handen gekommen. Sie werden mich deshalb sehr verbinden wenn Sie mir den eigentlichen Punct [angeben] wo er bricht, und was für Marmor-Arten, wie sie uns durch Trivialnamen der Steinschneider schon bekannt sind, in seiner Nähe brechen.

Am meisten würden Sie mich verpflichten, wenn Sie mir einige derbe, faustgroße Stücke mit frischem Bruch, von Bearbeitern und Schleifern ganz unangetastet, gelegentlich anschaffen und senden möchten, da Sie ohnehin nach Deutschland schwerere Dinge zu schicken Gelegenheit haben. In München finden sich Freunde, die dergleichen Packete gerne zu mir gelangen lassen.

[187]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1818. An Christian Friedrich Tieck. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-72B2-2