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An Luise Seidler

Sie erhalten hierbey, meine liebe und artige Freundinn, Ihre Subscriptions-Verzeichniß zurück. Die von den Theilnehmern verlangten, oder ihnen zufällig zugetheilten Loose finden Sie an der Seite nach den Nummern notirt. Auch folgen die Bilette, und damit ja kein Irrthum entstehe, so sind die Namen auf der Rückseite bemerkt. Es sind ihrer 44. Cassieren Sie das Geld ein; das Loos zu 3 Kopfstück. Wir haben 114 bestimmt.

Das wäre nun alles recht gut, wenn ich nicht ahndete, daß in diese Loose, die ich Ihnen überschicke, der Gewinnst schon hineingezaubert sey. Dieß will ich aber nicht laut sagen, sonst discreditire ich die übrigen und wir finden keine Abnehmer. Eigentlich ist mir diese Vermuthung daher gekommen, weil man mir nicht genug erzählen kann, was die Undinen und Meerfräulein in Jena für Spuck treiben. Knebel spricht entzückt von denen tausend und abertausend Wellen, auf welchen jene wandelbaren geisterchen im Mondschein herumgaukeln und bis an seinen Gartenzaun [288] plätschern und schwätzen. Sie sollen, sagt man, alt und jung verführen und das treuloseste Geschlecht in der Zauberwelt seyn.

Leider werde ich sie in ihrer breiten Glorie nicht mehr sehen, aber wenn sie sich in ihre Gränzen zurück gezogen haben, sind sie nur desto gefährlicher und vor dem bekannten Gesang: 'In meinem Schlößchen ist's gar sein', wissen sich Wenige in Acht zunehmen. Dem sey nun wie ihm wolle, so kann ich die Ufer der Saale nicht ganz vermeiden. Bis ich Sie daselbst wieder sehe, leben Sie recht wohl! Gedenken Sie mein und grüßen Sie Minchen. Ich habe immer geglaubt, dieses Geistchen gehöre einem treueren Element an. Doch soll man sich überhaupt hüten mit der ganzen Sippschaft zu scherzen. Nochmals das schönste Lebewohl.

Weimar, d. 24. Febr. 1813.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1813. An Luise Seidler. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7302-8