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An Christiane Vulpius
Du hast mir sehr viel Vergnügen gemacht daß du mir gleich den Tag deiner Ankunft geschrieben und dein Tagebuch geschickt hast, fahre ja fort mir fleißig zu schreiben damit ich wisse wie es dir geht und was bey euch vorfällt.
[236] Es freut mich gar sehr daß deine Hinreise zwar nicht ohne Unbequemlichkeit doch glücklich und mit bester Ordnung vollbracht worden, so wie mir unsere ganze Expedition Lust und Muth gegeben hat mit euch künftig dergleichen mehr zu unternehmen, und mit dem Kinde wird es je älter es wird immer eine größere Lust seyn.
Ich habe die Zeit oft an euch gedacht und euch zu mir gewünscht, besonders in der Palmira, welche vergangenen Sonntag gegeben wurde. Die Repräsentation war überhaupt sehr gut und anständig, die Decorationen besonders ganz fürtrefflich. Ich habe nun meistens meine alten guten Freunde gesehen und die nothwendigsten Visiten gemacht, auch finde ich mancherley und sehr gute Unterhaltung, doch reizt das schöne Wetter, das sich bald in Regen abkühlt bald in klaren Tagen gar vergnügliche Stunden macht, mich zur weitern Reise.
Ich will heute über 8 Tage von hier abgehen und kann, wenn du mir den nächsten Freytag schreibst, Montag Abend noch den Brief hier erhalten. Auf alle Fälle setzest du außen drauf: gefällig nachzuschicken und addressirst überhaupt alles immer fort an meine Mutter.
In meinem vorigen Briefe habe ich dir schon wegen ankommenden Packeten und Briefen geschrieben, ich will mich hier noch umständlicher erklären:
Alle Arten von Packeten machst du auf, siehst [237] was sie enthalten und läßt sie alsdann entweder liegen oder giebst sie dahin ab wohin sie allenfalls gehören, die Briefe aber schickst du an meine Mutter.
Wenn du mir schreibst so mußt du immer zugleich auf die Addresse setzen: gefällig nachzuschicken und mußt deinen Brief noch besonders siegeln wenn du ihn auch in ein Packet legst, das Packet aber wird jederzeit an meine Mutter addressirt damit sie es aufmachen und mit den inliegenden Briefen nach meiner Anweisung verfahren kann. So viel von dieser Sache.
Von Hamburg wird ein kleines Fäßchen an mich kommen worinn Seeschnecken sich in Brandewein befinden werden. Denke nicht etwa daß es eine Eßwaare ist, sondern thu die Geschöpfe in ein Zuckerglas und halte sie mit Brandewein bedeckt, bis ich wieder komme. Sonst weiß ich nichts zu erinnern, denn das übrige haben wir ja alles abgeredet.
Schreibe mir ja wie das schwarzseidne Kleid gerathen ist und wann du es zum erstenmal angehabt hast, sage dem guten August daß der Säbel, den ich mitbringe, da er sich so gut auf der Reise aufgeführt und gewiß auch in meiner Abwesenheit ein gutes Kind bleiben wird.
Seit eurer Abreise bin ich noch einigemal ausgefahren und oft gegangen und habe noch manches gefunden das ihr mit Vergnügen sehen werdet, wenn ihr einmal wieder in diese Stadt kommt. Auf alle [238] Fälle werden wir uns bequemer und auf längere Zeit einrichten können.
An das Wasser bin ich nicht wieder gekommen und habe in der Comödie immer nach der Loge hinauf gesehen wo wir so vergnügt zusammen waren.
Und nun, zum Lebe wohl, noch ein Paar Worte von meiner Hand. Ich liebe dich recht herzlich und einzig, du glaubst nicht wie ich dich vermisse. Nur jetzt wünschte ich reicher zu seyn als ich bin, daß ich dich und den Kleinen auf der Reise immer bey mir haben könnte. Künftig, meine beste, wollen wir noch manchen Weg zusammen machen.
Meine Mutter hat dich recht lieb, und lobt dich und erfreut sich des Kleinen. In acht Tagen will ich hier weggehen, denn an eine Arbeit ist nicht zu dencken, du hast selbst die Lage gesehen, und so will ich die Zeit wenigstens anwenden um viel zu sehen. Lebe recht wohl, halte alles in Ordnung, dencke an mich und behalte mich recht lieb. Eh ich weggehe schreibe ich dir noch einmal. Küsse das Kind.
Franckfurt d. 15. Aug. 1797.
G.