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An Charlotte von Stein

Das übersendete Tuch, wofür ich den allerschönsten Danck sage, ist so vortrefflich, daß ich mich kaum getraue es umzuthun: es sollte vielmehr als ein Musterwerck aufgehoben werden.

Es war gar freundlich, daß Sie uns neulich besuchten, und unsre Einsamkeit aufheiterten. Ich kann eben nicht sagen, daß sie mir diessmal sehr erfreulich ist: denn ungeachtet des schönen Wetters und der grünenden Flächen und Hügel, der blühenden Gärten und mancher andern guten Ingredienzen des Lebens, ist doch alles was mich in Jena umgiebt so trümmerhaft gegen vorige Zeiten, und ehe man sichs versieht, stolpert man einmal wider über einen Erdhöcker, wo, wie man zu sagen pflegt, der Spielmann oder der Hund begraben liegt.

Vielleicht aber sind diese Umstände gerade daran schuld, daß ich mehr in mich selbst zurückgewiesen[353] werde und meine Arbeit mir ganz gut von Statten geht. Über die Hauptschwierigkeiten bin ich hinaus und wenn ich noch 14 Tage weder rechts noch links hinsehe; so ist dieses wunderliche Unternehmen geborgen. Freylich gehört zum letzten Zusammenarbeiten, ich will es nicht Ausarbeiten nennen, noch die größte innere Harmonie, damit auch das Werck harmonisch würde.

Empfehlen Sie mich Durchlaucht der Herzoginn zu gnädigem Andencken. Ich wünsche nur fertig zu werden, um wieder zum Vorlesen zu gelangen.

An Kaazens Unterricht wird unsre liebe Prinzeß viel Freude haben. Ich hoffe der Anfang ist schon gemacht.

Den Freundinnen das Freundlichste.

Jena den 6. Juny 1809.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1809. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-73FA-B