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An Christian Gottlob Voigt

Einige frühere Äußerungen Durchlaucht des Herzogs gegen Unterzeichneten, so wie eine neuere gegen Hofrath Meyer, veranlassen mich an Ew. Excellenz folgendes gelangen zu lassen.

Die Absicht Serenissimi ist nämlich: den übrigen an die Zeichenschule und das Hofrath Meyer'sche Quartier stoßenden Theil des Fürstenhauses gleichfalls der Kunst, besonderes aber der Aufbewahrung von Kunstwerken zu widmen, sobald die gegenwärtigen Bewohner gedachte Räume werden verlassen haben, welches nächstens geschehen soll.

Es ist dieses um so wünschenswerther, als manche Gemälde, Zeichnungen in Rahmen und große Cartons und andere dergleichen vorzügliche Kunstwerke gegenwärtige hie und da zerstreut und nicht zum Besten aufgehoben sind. Man könnte daher, sobald man in dem Besitz dieser Räume sich bestände, auf eine schickliche und geschmackvolle Weise, eine Aufstellung vornehmen, welche einheimischen und auswärtigen Kunstfreunden, sowie den Studierenden höchst angenehm und nützlich seyn müßte.

[6] Nähme man an, daß in einer solchen Sammlung dasjenige aufgenommen würde, was der neuern Kunst angehört; so würden wir uns auch dadurch auf der Bibliothek Raum verschaffen, welcher dort sehr abzugehen anfängt. Was artistisch wäre, nähme man in die neue Anstalt. das historisch-antiquarische Bliebe drüben, wobey man überhaupt keine strenge Grenzlinie zu ziehen brauchte. Bey der Einrichtung des neuen Museums, dessen künftiger Bestimmung und Benutzung, würde Hofrath Meyer gern beyräthig seyn, auch manches, was sich gegenwärtig bey der Zeichenschule befindet, herüber zu der größeren Masse geben, allein das Inventarium, Conservation und Custodie bliebe dem Bibliothek-Personal anheimgestellt, indem solches theils stark genug, theils ohnehin in Übung und Gewohnheit ist, Fremden etwas vorzeigen.

Da jedoch die Bibliothek mit der Zeichenschule hierdurch in nähere Verbindung tritt, so erwähne ich eines Gedankens, der mir schon öfters beygegangen. Es wäre nämlich zu wünschen, daß die sämmtlichen Anstalten, welche Serenissimus hier und in Jena theils gegründet, theils begünstigt, völlig in Eins gefaßt, und das was bisher nach und nach geschehen, consolidirt, und in einem Stiftungsbriefe den Nachkommen überliefert und empfohlen würde.

Ich erbiete mich hierüber zu einem umständlicheren Aufsatz und wollte nur vorläufig bitten, daß Ew. Excellenz zu dem übrigen, welches wir schon gemeinschaftlich [7] behandeln, auch an der Oberaufsicht der Zeichenschule Theil nehmen möchten; wodurch denn sogleich der Eingang gemacht wäre, daß alles sich auf einen Punct bequem versammeln ließe.

Wollten Ew. Excellenz mir hierüber mir Ihre Gesinnungen gefällig eröffnen und Serenissimus Beystimmung zu der Sache gewinnen; so würde alles leicht vorzubereiten und in guten Stunden hoffentlicher Friedensruhe bequem auszuführen seyn, indem eigentlich keine Veränderung vorgeht, sondern nur die Fäden, die sich ohnehin bisher zusammenneigten, völlig in eins geknüpft werden.

Was die Zeichenschule betrifft, so hegt Hofrath Meyer mit mir denselbigen Wunsch, und wird sich bei Überreichung des gegenwärtigen noch besonders und umständlicher empfehlen.

Der ich der Abreise begriffen meine besten Wünsche zurücklasse.

Weimar, den 22. Juli 1809.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1809. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-745A-9