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An Friedrich August Wolf

[Concept.]

[etwa 7. September.]

Also sind Sie wirklich wieder zu Hause angekommen, ich habe es lange nicht glauben wollen weil ich der Hoffnung so leicht nicht entsagen konnte Sie bey uns zu sehen. Ihr Zimmer war bereit und auch schon für Ihre Gesellschaft gesorgt. In wie vielem Betracht wäre mir Ihre Ankunft wichtig gewesen.

Indessen bin ich ganz unerwartet auf eine eigne Weise mit Ihnen verwandt geworden. Herr Riemer, der mit Herrn Prof. Fernow aus Rom gekommen, hat sich entschlossen diesen Winter bey uns zu bleiben und besonders den Unterricht meines Knaben im Griechischen und Lateinischen über sich zu nehmen. Sie kennen den lebhaften Knaben und wissen daß es mit seiner Kenntniß der alten Sprachen nicht sonderlich aussah, worüber ich zwar bisher manche Sorge hatte, dem Übel aber nicht abhelfen konnte. Nun glaube ich geborgen zu seyn und auch für mich persönlich nicht wenigen Vortheil von diesem Umgang zu haben.

Schon wird es Ihnen bekannt seyn daß wir durch den Abgang des Herrn Hofrath Schütz nach Halle genöthigt worden in Jena auch eine allgemeine Litteraturzeitung zu unternehmen. Auch ich muß [300] mich von hier aus verinteressiren, denn in dem Fall, in welchem wir uns befinden, wird wohl niemand von treuen, an einem Zustand haltenden Personen zurück bleiben sondern seine Kräfte gern hergeben um ein Übel abzuwenden und ein Gutes zu gründen.

Kann sich ein neues Institut gegenwärtig der Art empfehlen so muß es dadurch geschehen, daß es in den gegenwärtigen Zustand der Wissenschaften eingreift und sich vor parteyischen Retardationen und Anticipationen hütet.

Mögen Sie mir über Ihr Fach, das Sie so ganz durchschauen, mit Ihrer gewöhnlichen Großheit und Freymüthigkeit ein bedeutendes Wort sagen so wird es bey mir um so eher fruchten als ich im Falle bin durch den Umgang mit Ihrem würdigen Schüler gewiß in Ihren Sinn einzudringen.

Ich lebe der Hoffnung daß uns irgend ein günstiger Stern zusammen führen und ein immer wachsendes Interesse an wahrer Wissenschaft und Kunst uns immer näher verbinden wird.

Lassen Sie die Pausen unserer Correspondenz künftig nicht so lange dauern und das gewiß immer fortwährende stille Andenken in ein lautes und erweckendes verwandeln.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1803. An Friedrich August Wolf. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7494-7