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An Friedrich Schiller

Ihr Brief ist mir heute spät zugekommen. Schärfen Sie doch der Botenfrau ein daß sie die Briefe gleich selbst bringt. Diese Leute machen sichs manchmal bequem und geben die Sachen an kleine Knaben, die sich im herumtragen verspäten.

Kants Zurechtweisung des Saalbaders ist recht artig. Es gefällt mir an dem alten Manne daß er [231] seine Grundsätze immer wiederholen und bey jeder Gelegenheit auf denselben Fleck schlagen mag. Der jüngere, praktische Mensch thut wohl, von seinen Gegnern keine Notiz zu nehmen, der ältere, theoretische muß niemanden ein ungeschicktes Wort passiren lassen. Wir wollen es künftig auch so halten.

Es freut mich herzlich daß Humboldt Ihren Brief so gut aufgenommen hat. Sein Ernst, sein Talent, sein Streben, sein guter Wille, seine Neigung, seine Freundschaft verdienen eine redliche und freundliche Erwiederung. Er wird nun auch meinen Brief mit der Euphrosyne bald erhalten. Aufrichtig aber will ich gestehen daß ich nicht sehe, wie es möglich seyn soll eine Revision seiner Arbeit, wie er sie vorschlägt, zu veranstalten. Denn wenn Sie, nach Ihrer Vorstellung, daran zu rücken anfangen, so wird ja das Gebäude mehr geregt, als daß es in allen seinen Fugen bleiben könnte. Nach meiner Vorstellungsart ließe sich so etwas kaum durch Gegenwart und Gespräch leisten.

Was noch allenfalls zu Gunsten der Schlegel zu sagen wäre wollen wir auf eine mündliche Unterhaltung versparen. Ich wünsche die Fragmente eigens mit Ihnen durchzugehen, als Veranlassung zum interessanten Gespräch werden sie gewiß sehr dienen, selbst indem sie zum Widerspruch aufregen. Wie glücklich würde ich mich finden wenn ich schon wieder in Ihrer Nähe wäre.

[232] An Cotta ist die erste Sendung fort, hierbey theile ich die zweyte mit, und wünsche sie auf den Mittwoch wieder zu erhalten. Zeigen Sie mir ja an was Sie über den Stoff und über den Vortrag denken.

Die Einleitung vom ersten Stück wird auch nicht lange außen bleiben, sie scheint mir ein klein wenig zu feyerlich, doch ist es ja wie Freund Humboldt sagt der deutsche Charakter, und die Sache selbst ist wenn man sie näher besieht ernsthaft genug. Man muß nachher im einzelnen wo sichs schickt desto muntrer und durchaus natürlich heiter seyn.

In der Anzeige der neuen Anaglyphik gebe ich ein Beyspiel wie man wohl sogar jedes mechanisch einzelne an das allgemeine der geistigen Kunst immer künftig anschließen sollte.

Ich mache auch schon das zweyte Stück zurecht und hoffe bald bis ins dritte und vierte vorgearbeitet zu haben und wenigstens zum Theil die reinlichen Abschriften vor mir liegen zu sehen. Was mich freut, das ist gerade hieran eine Arbeit zu finden die ich recht bequem in Weimar machen kann.

Ich wünsche bald zu hören daß Ihr Antheil zum Almanach im Wachsen ist. Vielleicht schicke ich auch noch was. Senden Sie mir doch gleich den ersten gedruckten Bogen.

Weimar am 28. Jul. 1798.

G. [233]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1798. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-74AB-6