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An Johann Friedrich Cotta

Bis diese Tage hoffte ich noch immer, nach meiner gethanen Zusage, Ihnen etwas zu dem Frauenzimmer-Almanach zu senden. Allein ich habe vergebens von einer Zeit zur andern auf einige Ruhe gewartet, um das was ich im Sinne hatte auszuarbeiten. Aber es drängt sich soviel übereinander, daß es mir nicht[152] möglich geworden ist, und ich würde mit mehr Verlegenheit dieses anzeigen, wenn nicht die Versprechen der Autoren, sowie die Schwüre der Liebhaber von Göttern selbst mit einiger Leichtigkeit behandelt würden.

Desto besser gehen unsere biographischen Blätter vorwärts. Wir sind am 18. Bogen und werden also zur rechten Zeit fertig. Freylich giebt die schließliche Reaktion des Manuscripts, sowie die Revision des Drucks gar manches zu bedenken und zu thun, so daß die Zeit nach unserer Zurückkunst vorzüglich darauf verwendet werden mußte. Dagegen läßt sich aber hoffen, daß dieses wunderliche Werklein gute Aufnahme finden und manches Gemüth erheitern wird.

Was Sie mir in Ihren letzten Briefen gemeldet, erkenne ich sämmtlich dankbar; wobey ich mich freue zu hören, daß wenigstens eins der Boisseréeschen Blätter in Kupfer erscheinen wird. Ich habe diesen jungen Mann näher kennen lernen und ich ihn sehr wohl begründet und unterrichtet gefunden. Seine Arbeiten werden zur Aufklärung eines Theils der Kunstgeschichte viel beytragen.

Auch versehe ich nicht, für die Müllerischen Werke, das Hebelsche Schatzkästchen und was Sie mir sonst an neuen Druckschriften haben verehren wollen, auf das schönste zu danken.

In diesen Tagen ist mir der Körnersche Aufsatz communucirt worden, in welchem Schiller meist mit[153] seinen eigenen Worten dargestellt ist. Es hat mir diese Behandlungsart sehr wohl gefallen. Sie macht einen guten, heitern, ja man kann wohl sagen, großen Eindruck. Außerdem konnte mir diese kleine Schrift sehr angenehm seyn, weil sie mir den schönsten Anlaß verschafft, dereinst wenn ich zu der Schilderung unseres Verhältnisses kommen sollte, das hier nur umrißweise gegebene ins Einzelne auszumalen. Mehr sage ich für dießmal nicht, damit er schon zu lange zurückgehaltene Brief noch heute abgehe. Entschuldigen Sie meine Versäumniß und erhalten mir ein geneigtes Andenken.

Schließlich darf ich jedoch nicht vergessen anzuzeigen, daß ich den Nachdruck meiner Werke von Wien erhalten habe. Sie erschienen durch die unschicklichste Verwirrung und Umstellung er Theile, eine gewisse Originalität inventirt zu haben, oder was sie sonst zu einem solchen Arrangement bewogen haben mag. Wenn man sich etwas unwillig äußerst, so entschuldigen sie diesen Raub, wie so vieles andere, mit dem schlechten Cours und versichern, daß sie sonst keine in fremden Landen gedruckte Bücher würden lesen können. Übrigens ist es die alte grobe unedle Maxime, die sich von Kaiser Joseph herschreibt, der zwar ein sehr braver Herr Joseph beschreibt, der zwar ein sehr braver Herr, aber mitunter sehr platt war.

Ich wünsche von Herzen wohl zu leben.

Weimar den 22. August 1811.

Goethe. [154]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1811. An Johann Friedrich Cotta. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-74EE-0