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An Friedrich Constantin von Stein

Weimar, den 21. December 1798.

Habe ich dir, mein lieber Freund, auf deinen vorigen Brief nicht geantwortet, so will ich bei dem jetzigen nicht säumen, und dir für dein Andenken Dank sagen. Ich freue mich, daß dein dortiges Verhältniß sich befestigt und verbessert, so wie ich wünsche, daß du durch Thätigkeit dein inneres, so wie durch Belohnung und Anerkennung derselben dein äußeres Glück gründen und erreichen mögest.

Schreibe mir von Zeit zu Zeit von deinen Beschäftigungen und von der Art derselben, damit ich mir vorstellen kann, wie du lebst, und wir einander nicht zu fremd werden.

Bei mir drängt sich's nun so sehr über einander, daß ich für Forderungen von Innen und von Außen fast keine ruhige Stunde vor mir sehe, und jeden Tag nur das Nöthige wegarbeiten muß, ohne mich um den folgenden zu bekümmern. Die Mannigfaltigkeit meiner Beschäftigungen ist sehr unterhaltend und selbst aufreizend und förderlich, doch will es manchmal ein bischen gar zu bunt werden.

[351] Vor einem Jahre besuchte ich die Schweiz noch eben am Rande ihrer alten Verschaffung; ich sah sie freilich mit andern Augen als vor zwanzig Jahren, und die Rekapitulation war mir in manchem Sinne wichtig. Doch ist es immer besser, man reise in der Jugend, wo man die Dinge einzeln genießt und oft über ihren Werth schätzt. Die Summa Summarum des Alters ist eigentlich niemals erquicklich.

Freund Meyer, der dich herzlich grüßt, ist mit mir zurückgekommen. Womit wir uns vorzüglich beschäftigen, wirst du vierteljährlich, wenn du magst, in den »Propyläen« sehen. Schreibe mir, wenn dich etwas darin besonders interessirt, oder wenn dir vielleicht etwas dunkel oder unbestimmt scheint, worüber du Aufschluß wünschen möchtest, denn man kann nicht immer beurtheilen, ob man für Andere deutlich genug war. Es soll mir sehr angenehm seyn, wenn ich sehe, daß ich mich durch dieses Werk auch mit dir unterhalte.

Und somit lebe für diesmal wohl, und laß mich mehr von dir hören.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1798. An Friedrich Constantin von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-754C-5