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An Johann Heinrich Merck
Lieber Bruder
Wer nicht richtet, sondern fleißig ist,
Wie ich bin und wie du bist,
Den belohnt auch die Arbeit mit Genuß;
Nichts wird auf der Welt ihm Überdruß;
Denn er blecket nicht mit stumpfem Zahn
Lang' Gesott'nes und Gebrat'nes an,
Das er, wenn er wohl so sittlich kaut,
Endlich doch nicht sonderlich verdaut;
Sondern faßt ein tüchtig Schinkenbein,
Haut da gut taglöhnermäßig drein,
Füllt bis oben gierig den Pokal,
Trinkt, und wischt das Maul wohl nicht einmal.
Sie, so ist Natur ein Buch lebendig,
Unverstanden, doch nicht unverständlich;
Denn dein Herz hat viel und groß Begehr,
Was wohl in der Welt für Freude wär',
[327] Allen Sonnenschein und alle Bäume,
Alles Meergestad' und alle Träume,
In dein Herz zu sammeln mit einander,
Wie die Welt durchwühlend Banks, Solander.
Und wie muß dir's werden, wenn du fühlest,
Daß du alles in die selbst erzielest,
Freude hast an deiner Frau und Hunden,
Als noch keiner in Elysium gefunden,
Als er da mit Schatten lieblich schweifte
Und an goldne Gottgestalten streifte.
Nicht in Rom, in Magna Gräcia,
Dir im Herzen ist die Wonne da!
Wer mit seiner Mutter, der Natur, sich hält,
Find't im Stengelglas wohl eine Welt.
4ten Dez. Sonntags 1774.
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