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An August von Goethe

Dornburg den 10. Juli 1828.

Dieses Blatt beginne ich bey Zeiten, damit du solches nächsten Sonnabend in Händen habest, und sage dir daß ich mich ganz wohl befinde, welches du auch unserm werthen Hofrath Vogel vermelden wirst. In jeder Stunde wird mir der hiesige Aufenthalt gewohnter und angenehmer; ich bewohne das Eckzimmer des alten Schlößchen nach Süden und habe die vorliegenden Zimmer zu meinem sonstigen Gebrauche eingerichtet. Die Inspectorin besorgt mir den Caffee, auch etwas Essen; den Wein laß ich mir von Götzen kommen, der immer ein gutes Glas in Bereitschaft hält. Und so brauchst du um mich weiter [176] keine Sorge zu haben, da ich auf jeden Fall alles Wünschenswerthe von Jena erhalten kann.

Die hohen Räume sind kühl an und für sich, bey hohem Barometerstande wehte hier ein stürmischer Ostwind, heute, bey'm gesunkenen, ein frischer Westwind. Von der Hitze hab ich nicht gelitten.

In dieser Einsamkeit geht eine bedenkliche Arbeit gut von statten, was ich nämlich zu Herrn Sorets Übersetzung meiner Metamorphose zu liefern habe; und so wollen wir das Weitere abwarten, ohne Vorsatz und vorgreifende Bestimmung.

Eins aber muß ich dir melden, daß, da nach der letzten Grabung der Cölestin auszugehen oder allzu schwer zu gewinnen schien, ein armer Teufel an einer andern Stelle dieses merkwürdige Mineral wieder anstehend vorfand und einen schweren Abraum mit viel Verstand und Geschick wegzuheben wußte. Er soll viel davon verschickt haben; man brachte mir einige Stücke herauf, zwar klein, aber charakteristisch und gar hübsch. Ich will mit ihm reden, auch wohl den Bruch selbst besuchen; ich kann ihn von meinem Fenster überschauen, er zeigt sich gleich unterwärts über der Ziegelhütte, wenn du dich deren erinnerst; vielleicht gewinnen wir einige bedeutende Stücke.

Wenn dir dieses, wie ich hoffe, Sonnabend zu Handen kommt, so packe alles zusammen was einigermaßen transportabel an mich angekommen ist und send es an Dr. Weller, so kann es Sonntag früh [177] bey mir seyn. Melde sonstiges, grüße alles; wenn Ulrike und die Kinder schreiben wollen, so soll es mir lieb seyn. Gar schön wär es, wenn erstgenanntes Dämchen ein Tagebuch schreiben wollte, dagegen auch Nachricht von meinen Zuständen nicht ausbleiben würde.

treulichst

G.


Sorge doch auch daß es unsern jungen Palmenpflanzen nicht an Wasser fehle.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1828. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-757E-6