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An Johann Isaak von Gerning

Weimar d. 3. May 1816.

Auf Ihren reichhaltigen Brief, mein Theuerster, muß ich doch baldig etwas erwiedern. Ich sehe Sie in einem sehr lebendigen Kreise, indessen ich in der Eingezogenheit lebe, und Sie bringen mir durch Ihre Erzählung so manche liebe und würdige Person vor die Seele, daß ich wohl möchte einspannen lassen um mich so guter Gesellschaft miterfreuen zu können.[8] Das wird nun aber dieß Jahr sobald nicht seyn, denn unsere neuen Erwerbungen nöthigen zu neuen Anstalten, deren Einrichtung mich wohl noch eine Zeitlang hier halten wird. Vor Zeiten ging alles seinen hübschen herkömmlichen Gang, in den letzten Jahren machte der Krieg alles stocken, in beyden Fällen konnte man sich vom Hause entfernen, nun aber soll so manches belebt werden und das thut sich so leicht nicht ab.

Das lustige Blättchen, bey dem ich mich so gerne des Mayns erinnere, liegt bereit für Sie und die treffliche Toni, der ich mich tausendmal empfehle. Möge es, wenn es ankommt, an mich zu erinnern dienen.

Mein Rhein- und Maynheft ist durch allerley Äußerlichkeiten retardirt obgleich der Druck schon seit zwey Monaten geendigt ist, nun wird es nicht lange mehr ausbleiben, denn die Leipziger Messe mahnt sehr ernstlich. Wir wollen nur sehen was dieses erste Heft für Wirkung thut, in der Folge findet sich alsdann immer Gelegenheit die Wünsche und Thätigkeiten meiner Freunde befördern zu helfen.

In diesen Tagen wird sich mit einem Empfehlungsblatte Ritter Lawrence bey Ihnen melden, sollten Sie ihn nicht schon in Weimar gekannt haben? es ist ein Engländer und sehr geistreicher Mann und wünscht in Frankfurt mit einigen Druckherrn bekannt zu werden, die vielleicht übernähmen etwas von ihm [9] zu verlegen. Führen Sie ihn da und dort ein und lassen Sie ihn von Ihrer ausgebreiteten Bekanntschaft Genuß ziehen. Er war unter den Engländern die in Verdun gefangen zurückgehalten wurden und hat den dortigen Zustand in einem Drama geschildert, das zwar nicht aufführbar ist, aber bey'm Lesen jedermann unterhalten wird. Eine deutsche Übersetzung, die er bey seinem dießmaligen Aufenthalt hier zu Stande gebracht hat, ist recht gut gerathen, das Weitere werden Sie von diesem interessanten Manne selbst hören.

Beyliegendes Blättchen enthält noch einen andern Wunsch. Sie erinnern Sich gewiß noch der artigen Frau, die nun eine Reise nach dem Rhein und Mayn zu machen gedenkt. Das gute und geschickte Ehepaar wünscht ich allen meinen Freunden empfohlen. Da Sie, mein Werthester, wissen, wer auf solche Dinge Einfluß hat, so werden Sie bald erfahren können was zu hoffen ist. Und somit leben Sie recht wohl, empfehlen mich aller Orten und Enden und lassen mich bald wieder was von sich hören.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An Johann Isaak von Gerning. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7597-E