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An Johann Gottfried Jacob Hermann

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen geneigtest bey'm Anblick des Vorliegenden mein langes Schweigen und scheinbaren Undank. Sie sehen, wie mich Ihre wichtige Gabe sogleich beschäftigt, wozu sie mich aufgefordert, und ermessen hiernächst wie ich von einer so schweren Aufgabe, nach verwegenem Angriff, mich doch wieder zurückziehen mußte. Auf einem geschriebenen Blatt lege indessen vor Augen, was ich, in dem gegenwärtigen Hefte, wovon dieß die ersten Aushängebogen sind, noch weiter nachzubringen gedenke; in Erwartung ob ein glücklicher Augenblick jenes Unternehmen wohl fördern möchte. Was aber auch auf diesem Wege von mir geleitet worden, es möchte doch die Freunde der alterthümlichen Dichtkunst [3] einigermaßen auf dieß herrliche Werk aufmerksam zu machen geeignet sehn.

Auch muß ich vermelden, daß vor kurzem mir das höchst schätzbare Programm über die Tetralogien der Alten in die Hände gelangt, wodurch ich veranlaßt worden, einige neuere Beyspiele solcher unzusammenhängend gesteigerten theatralischen Darstellungen in's Gedächtniß zurück zu führen und an dasjenige, was Ew. Hochwohlgeboren behaupten, unmittelbar anzuknüpfen.

Ich schließe mit der Bitte mir doch Günstig alles, was in dieser Art von Ihnen ausgeht, ungesäumt gefälligst mitzutheilen, weil es mir immer neue lebendige Veranlassung gibt, dasjenige wieder vortreten zu lassen, was sich bey mir vielleicht in den tiefsten Hintergrund Zurückgezogen hat.

Unbemerkt möge übrigens nicht bleiben, daß gegenwärtiger Brief mit zu der ersten Sendung gehört, die ich nach meiner Wiederherstellung ausfertige; Ihres freundschaftlichen Antheils an der glücklichen Auflösung eines so schweren pathologischen Räthsels gewiß, empfehle mich zum wohlwollenden Andenken.

gehorsamst

Weimar den 6. April 1823.

J. W. v. Goethe. [4]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1823. An Johann Gottfried Jacob Hermann. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-75AC-F