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An Carl Ludwig von Knebel

Die Kupferstiche sind glüklich angekommen und sind durchgängig sehr schöne Abdrüke. Die Everdinge und Guido die für mich sind, haben mich besonders erfreut. Ich will dafür sorgen daß du das Geld dafür bald erhalten mögest. Es hat nichts zu sagen, daß einige mit gekommen sind, die nicht ausgezeichnet waren, danke nur unserem Commissionnäre sehr für seine gehabte Mühe.

Wir waren einige Tage in Ilmenau und es ist daselbst auch deiner gedacht worden.

Der Prinz ist frisch und wohl und wird ein sehr starkes munteres Kind geben. Er scheint mir von einer sanguinischen behäglichen Complexion zu seyn.

[153] Herders Kinder haben die natürlichen doch gutartigen Blattern.

Übrigens lebt man hier ein klein wenig egaler sonst aber weder besser noch schlimmer als vor dem, und man kann, ohne Prophet zu seyn, das Prognostikon auf die andere Zeit hinaus stellen.

Meine Finanzsachen gehen besser als ich es mir vorm Jahr dachte. Ich habe Glük und Gedeyhen bey meiner Administration, halte aber auch auf das festeste über meinem Plane und über meinen Grundsäzen.

Der Herzog pflanzt viel und möchte auch schon daß es gewachsen wäre.

Das große Kupfer der Verklärung wird durch die Vergleichung der kleinen Skize dopelt und dreyfach interessant. Man sieht wie durch weitere Nachdenken und Sinnen über diesem Gegenstand sich derselbe vor dem Künstler über höher verklärte. Das ganze hat sich erweitert, erhöhet und doch ist es wieder so viel schärfer richtiger und reiner geworden. Das dichterische und gedachte daran ist viel wärmer, angemeßner, ausdrüklicher. Welch einen hohen Genuß möchte es erst geben, wenn man die Originalzeichnung mit dem Originalgemälde zusammenhalten könnte. Was bey den alten Meistern so verehrungswürdig ist! die Sicherheit und Festigkeit ihrer Idee und doch wieder ihre Beweglichkeit ins bessere. Es mag dies immer die Anzeige eines großen Künstlers [154] seyn, anstatt daß ein geringerer entweder alles oder nichts von seinem ersten Entwurfe beybehält.

Die Guido sind gar lieblich und die Everdinge so meisterhaft und kräftig als etwas in dieser Art gearbeitet seyn kann.

Lebe wohl, grüße deine Fräulein Schwester und schreibe mir bald.

Weimar den 21. April 1783.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1783. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-75C3-A