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An Friedrich Siegmund Voigt

Der mir übersendete so angenehme Band giebt abermals einen Beweis, wie gut es sey in gesunden und frohen Tagen zu arbeiten, weil daraus, selbst zur Zeit wenn wir uns übel befinden, für andere Vergnügen und Nutzen entspringen kann. Die vielen schönen Beobachtungen, wohl gedacht und überdacht, äußerlich gleichsam nur gereiht, aber sehr gut nach einer innerlichen Methode aufgestellt, im Stillen ein theoretischer Einfluß, ohne sichtbares hypothetisches Gerüste, leicht, faßlich und gut geschrieben, so daß ich dieses Werk niemals umgearbeitet, sondern nur, in der Folge, durch Zusätze und Noten erweitert und bereichert wünschte. Ich hoffe, wir wollen bald Gelegenheit zu lebhaften Fortschritten ergreifen. Das Verzeichniß der gewünschten Pflanzen erwarte also zunächst.

Auch ist jetzt in Belvedere in den Erdhäusern schöne Gelegenheit, über Etiolirung der Pflanzen Versuche anzustellen. Ich nehme meine frühern deshalb geführten Acten hervor und ersuche Sie, mir Ihre Gedanken mitzutheilen, was für Experimente Sie allenfalls wünschten. Das Keimen des Samen, das Fortwachsen der Pflanzen, des Abweißen der Stauden könnte zu gleicher Zeit vorgenommen werden, denn der Raum dazu wird ganz beträchtlich seyn.

[310] In Ihrem Buche haben Sie die naturforschende Gesellschaft als noch existirend betrachtet und es geschehen von Zeit zu Zeit Anfragen, wie es mit ihr stehe. Sollte man sie nicht wieder beleben können, gerade zu der Zeit, da Serenissimus, wie Sie aus der Beylage sehen, einen allgemeinen wissenschaftlichen Verein zu stiften beabsichtigen. Sie müßte für sich, abgesondert von der mineralogischen, bestehen, ihren eigenen Director haben, zu welchem Geschäfte Sie Sich wohl verstünden und sie würde sodann von dem Kreise, der sich in Jena bilden soll, eingeschlossen. Denken Sie die erste Constitution durch, betrachten Sie den Verlauf der Sache und theilen mir die Resultate mit. Entschließt man sich dazu, so könnte man durch einen öffentlichen Aufruf alle die noch lebenden Glieder, welche sich dazu bekennen wollen, zur Anmeldung veranlassen. Auf alle Fälle müßte man es weniger ängstlich und liberaler nehmen als Batsch, ja gewissermaßen etwas ganz Neues bilden. Mögen Sie mir hierüber baldigst Ihr Gutachten mittheilen.

Das kleine Heft: über den Werth der Naturwissenschaften habe gleichfalls mit vielem Vergnügen gelesen. Es berührt die wichtigsten Puncte, von denen gegenwärtig die Rede seyn kann. Vielleicht läßt sich einigen Stellen noch mehr Deutlichkeit geben. Die Sache liegt freylich so tief, daß es schwer ist, sie völlig an's Licht zu bringen.

[311] Über diese einzelnen Puncte, so wie auch über Inliegendes, ersuche mir auf einzelnen Blättern in Form von Promemorias zu antworten, weil sie in einzelne Acten zu vertheilen sind. Ich wünsche nichts mehr, als daß Sie von Ihren Übeln bald völlig geheilt seyn mögen. Viele Empfehlungen der gewiß treuen Wärterinn.

ergebenst

Weimar d. 26. März 1816.

Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An Friedrich Siegmund Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-75C6-4