22/6266.

An Nikolaus Meyer

Ew. Wohlgeboren

muß ich freylich mit einiger Beschämung bekennen, daß sich noch ein Brief von Ihnen vom 27. August vorigen Jahres unter den unbeantworteten Briefen befindet, die sich leider bey mir sehr aufgehäuft haben.

Zur Entschuldigung mag im Allgemeinen die Stockung dienen, die sich jeder Art von Correspondenz bemächtigt hat. Empfangen Sie daher recht vielen Dank, daß Sie auf eine so freundliche Weise das Stillschweigen brechen, und uns durch eine Gabe erfreuen, welche uns an alte Zeiten erinnert. Die köstlichen [288] Häringe sind glücklich angelangt; es waren die ersten von so guter Art, die uns seit vielen Jahren zu Gaumen gekommen.

Über die guten Nachrichten, die Sie uns von sich und der lieben Familie ertheilen, haben wir uns sehr gefreut. Wir wünschen, daß die unvermeindlichen Übel kurz und gering, das Gute dagegen desto länger und dauerhafter seyn möge.

Empfehlen Sie uns ja Ihrer liegen Gemahlinn und gedenken unser, wenn Sie sich Ihrer wackern Knaben erfreuen.

Die durch Herrn General von Haak mir zugesandten Münzen habe ich zwar spät, aber doch richtig erhalten. Ich danke zum schönsten für dieses freundliche Andenken zu Vermehrung meiner schönen Sammlung, deren erste Anfänge ich doch eigentlich Ihnen schuldig bin. Warum sind wir doch so weit auseinander, daß man sich nicht wenigstens manchmal communiciren kann, wie und worin man fortschreitet!

Die Cantate, die Sie mir überschicken, erfüllt wie mich dünkt, völlig ihren Zweck. Wenn ich etwas hätte zu rathen gehabt, so wäre es dieß, daß auch die Chöre variirt seyn möchten, damit die Wiederholungen jedesmal den Hörer durch einen neuen Reiz angeregt hätten.

Mein biographischer Versuch soll an Herrn Prediger Schütz in Bückeburg abgehen; ich wünsche daß er Ihnen wohl überkomme und mein Andenken bey Ihnen erneue.

[289] Die Meinigen grüßen alle zum schönsten. Der Cammerassessor ist seinem Amte fleißig und behaglich, da er das Geschäft mit Liebe treibt und dasjenige leisten kann, was man von ihm fordert.

Und nun leben Sie recht wohl und fahren Sie dort unser in Freundschaft zu gedenken.

Weimar den 28. Febr. 1812.

Goethe.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Nikolaus Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-75D1-A