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An Carl August Varnhagen von Ense

Ew. Hochwohlgeboren

danke verpflichtet für die angenehmen Augenblicke welche mir die Gegenwart der fürstlich Carolathischen Familie verschafft hat. Freylich hätte man gewünscht daß, bey längerer Unterhaltung, sich ein zutrauliches Verhältniß mehr hätte entwickeln können; aber auch dieß war hinreichend den vortrefflichen Personen Verehrung und Neigung widmen zu können.

Herr v. Hennings hat mir, bey freundlicher Gegenwart, die böhmischen Acten wieder zugestellt. Die guten Prager mußten sich, wegen Mangel an Absatz, zusammenziehen. Es wird den Berliner Freunden nicht unangenehm seyn, wenn man am Ende des Jahrs der vier Stücke gedenkt, mit denen sie aufgetreten sind.

Auch hat Herr v. Hennings, wie es wohl durch mündliche Unterhaltung zu geschehen pflegt, mir Muth gemacht Ihren Jahrbüchern wieder einen Beytrag zuzudenken, ja ihm gleich einen angefangenen Aufsatz zu übergeben. Der Fall ist merkwürdig, und ich konnte nicht unterlassen mich selbst darüber aufzuklären, weil er bedeutende Folgen haben wird und muß.

Fänden Sie bedenken meinen Aufsatz abzudrucken, so haben Sie die Güte mir solchen zurückzusenden. Mögen Sie ihn aufnehmen, so folgt die Fortsetzung[213] mit der Zeit. Diese Bogen waren Anfangs Juli niedergeschrieben, das Ende des Monats machte freylich eine gewaltsame Diversion, man muß ein wenig zusehen bis das Wissenschaftliche sich dorrt wieder regt; denn, da wir Deutsche bey dieser Gelegenheit im Vortheil sind, dürfen wir die Absicht dorthin zu wirken nicht aufgeben.

Auch möchte ich, da meine morphologischen Hefte so lange stocken, einiges, nicht didaktisch-anmaßlich, sondern discursiv, als wenn es nicht wäre, ob es mir schon sehr auf dem Herzen liegt, bey dieser Gelegenheit aussprechen.

Mich nochmals auf Herrn v. Hennings Erklärung berufend, lege einige Blätter bey, die mir ein wunderliches, höchst interessante Büchlein abgelockt hat. Wie die vorigen gleichfalls zur Aufnahme oder Rücksendung übergeben.

Der früher angekündigte Herr de la Luz ist denn auch und zwar zur guten Stunde angekommen; ich fand gerade Gelegenheit ihn mehren Herren und Frauen vorzustellen, deren Bekanntschaft ihm interessant geworden. Wenn schon Fremdenbesuche, wie ich aufrichtig gestehe, mitunter sehr auf mir lasten, so soll doch ein jeder von Ihnen eingeführte, gewiß zu begrüßen werthe Mann freundlich empfangen seyn.

Die Geneigtheit des Herrn Minister v. Humboldt, über meinen zweyten Aufenthalt in Rom sich auszusprechen, ist mir von dem größten Werthe; denn [214] der nächst Genuß, den ich bey solchen Ausarbeitungen habe, ist doch immer der, mich mit meinen alten und entfernten Freunden im Stillen zu unterhalten.

Auch Ew. Hochwohlgeboren hätte noch manches mitzutheilen, besonders von jener sehr geglückten Darstellung einer sehr mißlungenen Existenz, welche vorzügliches versprach, manche Bemerkung. Doch der rasche Zeitenstrom führt mich gewaltig an Gegenden vorüber wo ich gern verweilen möchte. Möge die neue heftige Aufregung der Kinder dieser Welt uns andere in stiller Betrachtung nicht, allzusehr schüttelnd und rüttelnd, verhindern. Alles Gute und Wünschenswerthe

Ihnen und der theuren Ihrige.

Weimar den 10. September 1830.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An Carl August Varnhagen von Ense. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-75E2-4