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An Friedrich Schiller

[28. Juni.]

Zufälligerweise, oder vielmehr weil ich voraussetzte Sie wüßten daß Elpenor von mir sey, sagte ich es nicht ausdrücklich im Briefe, nun ist es mir um so [195] viel lieber, da dieses Product ganz rein auf Sie gewirkt hat. Es können ohngefähr 16 Jahre seyn daß ich diese beyden Acte schrieb, nahm sie aber bald in Aversion und habe sie seit 10 Jahren gewiß nicht wieder angesehen. Ich freue mich über Ihre Klarheit und Gerechtigkeit, wie so oft schon, also auch in diesem Falle. Sie beschreiben recht eigentlich den Zustand in dem ich mich befinden mochte, und die Ursache, warum das Product mir zuwider war, läßt sich nun auch denken.

Hierbey zwey kleine Gedichte von Schlegel. Er giebt zu verstehen daß sie als Manuscript anzusehen seyen und allenfalls einen Platz im Almanach verdienen dürften. Vielleicht schickt es sich sie aufzunehmen, da wir doch verschiedne Gedichte an bestimmte Personen einrücken wollen.

Über die andern Gedichte, welche gleichfalls beyliegen, suspendire ich mein Urtheil, sie scheinen mir dergestalt auf der Grenze zu stehen daß ich nicht weiß ob sie sich zur Realität oder Nullität hinüber neigen möchten.

Desto entschiedner ist der Brief den Sie zugleich erhalten, und ein herrliches Muster einer Tollheit außer dem Tollhause. Denn das Kriterium warum man einem solchen Menschen nicht einsperrt? möchte schwer anzugeben seyn. Das einzige was vor ihn spricht möchte die Unschädlichkeit seyn und das ist er nicht, sobald er uns näher kommt. Da ich ihn aber[196] nicht einsperren kann, so soll er wenigstens ausgesperrt werden.

Heute kommt unser Herzog. Es wird sich zeigen wie lange er hier bleibt. Nach seiner Abreise bin ich gleich wieder bey Ihnen, wenn ich vorher noch einige Tage in Roßla zugebracht habe, wo ich einiges anordnen muß.

Eine Schrift die mir gestern mitgetheilt wurde kam mir recht gelegen, sie heißt:

Versuch die Gesetze magnetischer Erscheinungen aus Sätzen der Naturmetaphysik mithin a priori zu entwickeln, von C. A. Eschenmayer. Tübingen, bey Jakob Friedrich Heerbrandt. 1798.

Ich konnte so recht in die Werkstätte des Naturphilosophen und Naturforschers hineinsehen und habe mich in meiner Qualität als Naturschauer wieder aufs neue bestätigt gefunden. Ich werde die Schrift mitbringen und wir können sie beym Aufstellen der Phänomene, von welchen Ihnen der erste Versuch noch in der Hand ist, recht gut brauchen.

Leben Sie recht wohl, ich hoffe auf den Augenblick in dem ich Sie wieder sehen werde.

Noch eins. Meyer, der schönstens grüßt, ist mehr für den Titel Propyläen als für den Ihrigen. Er meint, man solle sich das Feld ja recht unbestimmt lassen, die Welt wolle es nun einmal so. Es wird darüber noch zu sprechen seyn.

G. [197]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1798. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-75E5-D