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An Friedrich Schiller
Schon durch Humboldt habe ich vernommen, daß Ihr Ernst wieder außer Gefahr sey und mich im stillen darüber gefreut, nun wünsche ich Ihnen herzlich zu dessen Genesung Glück.
Das Oratorium ist gestern recht gut aufgeführt worden und ich habe manche Betrachtung über historische Kunst machen können. Es ist recht schade daß wir dergleichen Erfahrungen nicht gemeinschaftlich erleben, denn wir würden uns doch viel geschwinder in dem Einen was noth ist bestärken.
Montags gehen die vier Ersten Musen ab, indeß ich mich mit den fünf letztern fleißig beschäftige, und nun besonders die prosodischen Bemerkungen Freund Humboldts benutze.
Zugleich habe ich noch immer die Kinder Israel in der Wüste begleitet, und kann, bey Ihren Grundsätzen, hoffen, daß dereinst mein Versuch über Mose Gnade vor Ihren Augen finden soll. Meine kristisch-historisch-poetische Arbeit geht davon aus: daß die vorhandenen Bücher sich selbst widersprechen und sich selbst verrathen, und der ganze Spaß den ich mir[87] mache läuft dahinaus, das menschlich wahrscheinliche von dem absichtlichen und blos imaginirten zu sondern und doch für meine Meinung überall Belege aufzufinden. Alle Hypothesen dieser Art bestechen blos durch das Natürliche des Gedankens und durch die Mannigfaltigkeit der Phänomene auf die er sich gründet. Es ist mir recht wohl, wieder einmal etwas, auf kurze Zeit, zu haben bey dem ich, mit Interesse, im eigentlichen Sinne, spielen kann. Die Poesie, wie wir sie seit einiger Zeit treiben, ist eine gar zu ernsthafte Beschäftigung. Leben Sie recht wohl und erfreuen sich der schönen Jahrszeit.
Weimar den 15. Apr. 1797.
G.