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An Franz Kirms

Die geborne Actrice geht so eben von mir und hat mich in Verwunderung gesetzt. Wäre sie, so ist viel gewonnen. Bedenken Ew. Wohlgeboren die Sache mit Herrn Rath Kruse, aber im Stillen. Sollte man nicht etwa die Auskunft treffen, wie gestern schon die Rede war, daß man verspräche, ein Jahr eine billige Pension zu bezahlen. Am besten freylich wäre es, wenn Madame Häsler sie zu sich nehmen wollte. Nach verlauf des Jahres müßte es ganz von Herzoglicher Commission abhängen, ob man sie behalten, entlassen, den Versuch mit ihr fortsetzen, oder sie auf bestimmte Zeit engagiren wolle. Auch dürfte sie die Pension, wo man sie hinthut, ohne Einwilligung der Commission nicht verlassen; kurz wir müßten, wenigstens während der Probezeit, ganz und gar Elternstelle bey ihr vertreten.

Wenn man bedenkt, daß Demoiselle Maaß in Berlin die Jungfrau von Orleans spielt, die nicht größere und eben so dicklich ist; wenn man das außerordentliche Talent bedenkt, das in diesem Kinde steckt, [442] das Gedächtniß, die Gabe, sich in verschiedene Rollen zu versetzen, und daß sie noch unverdorben und ohne falsche Manier ist; so sollte man wohl etwas wagen, aber die Sache abthun, ehe Gegenwirkungen entspringen können. Man ließe sie nachher nicht eher auftreten, als bis man ihr ein paar schickliche Rollen recht eingelernt hätte.

s. m.

Weimar den 14. December 1810.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Franz Kirms. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7608-6