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An Friedrich Schiller

Die ci devant Xenien nehmen sich, in ihrer jetzigen Zusammenstellung, sehr gut aus, und wird diese ernste Gesellschaft gewiß auch gut ausgenommen werden. Könnten Sie noch die paar fehlenden Überschriften [152] finden, so würde es sehr schön seyn, mir hat der Geist in diesen kurzen Stunden, nichts eingeben wollen. Die nächste Woche bin ich bey Ihnen, und ich hoffe unser Zusammenseyn soll nicht unfruchtbar bleiben, wir werden manches vollenden und uns zu manchem entschließen können. Von naturhistorischen Dingen habe ich manches Gute zu erzählen.

Ich habe in diesen Tagen das schönste Phänomen, das ich in der organischen Natur kenne (welches viel gesagt ist), entdeckt und schicke Ihnen geschwind die Beschreibung davon. Ich weiß nicht ob es bekannt ist, ist es aber; so verdienen die Naturforscher Tadel, daß sie soll ein wichtig Phänomen nicht aus allen Straßen predigen, anstatt die Wißbegierigen mit so vielen matten Details zu quälen. Sagen Sie niemand nichts davon. Ich habe zwar die Beobachtung nur an Einer Art machen können, wahrscheinlich aber ist es bey allen so, welches sich noch diesen Herbst entscheiden muß. Da die Veränderung so schnell vorgeht, und man nur wegen der Kleine des Raums die Bewegung nicht sehen kann, so ist es wie ein Märchen, wenn man den Geschöpfen zusieht. Denn es will was heißen in zwölf Minuten um 1/2 Zoll in der Länge und proportionirlich in der Breite zu wachsen und also gleichsam im Quadrate zuzunehmen! und die vier Flügel auf einmal! Ich will sehen ob es nicht möglich ist Ihnen dieses Phänomen unter die Augen zu bringen. Leben Sie recht wohl! Unter uns gesagt, [153] ich hoffe Ihnen Friede und Ruhe für Thüringen und Obersachsen mitbringen zu können.

Weimar den 6. August 1796.


Nachschrift.

Es versteht sich von selbst, daß man sich dieses Wachsthum nicht vorzustellen hat, als wenn die festen Theile der Flügel in so kurzer Zeit um so vieles zunähmen, sondern ich denke mir die Flügel aus der feinsten tela cellulosa schon völlig fertig, die nun durch das Einströmen irgend einer elastischen Flüssigkeit, sie sey nun Luft-, Dunst- oder Feuchtartig, in so großer Schnelle ausgedehnt wird. Ich bin überzeugt, daß man bey Entwickelung der Blumen eben so etwas wird bemerken können.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1796. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7685-E