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An Katharina Elisabeth Goethe

Mein Verlangen Sie einmal wiederzusehen, war bisher immer durch die Umstände in denen ich hier mehr oder weniger nothwendig war, gemäsigt. Nunmehr aber kann sich eine Gelegenheit finden, darüber ich aber vor allem das strengste Geheimniss fordern muss. Der Herzog hat Lust den schönen Herbst am Rein zu geniesen, ich würde mit ihm gehen und der Cammerherr Wedel. wir würden bey Euch einkehren wenige Tage da bleiben um den Messfreuden auszuweichen dann auf dem Wasser weiter gehn. Dann zurück kommen und bey euch unsre Städte aufschlagen um von da die Nachbaarschafft zu besuchen. Wenn sie dieses prosaisch oder poetisch nimmt so ist dieses eigentlich das Tüpfgen aufs i, eures vergangnen Lebens, und ich käme das erstemal ganz wohl und vergnügt und so ehrenvoll als möglich in mein Vaterland zurück. Weil ich aber auch mögte dass, da an [49] den Bergen Samariä der Wein so schön gediehen ist auch dazu gepfiffen würde, so wollt ich nichts als dass Sie und der Vater offne und seine Herzen hätten uns zu empfangen, und Gott zu dancken der Euch euren Sohn im dreisigsten Jahr auf solche Weise wiedersehen lässt. Da ich aller Versuchung widerstanden habe von hier wegzuwitschen und Euch zu überraschen, so wollt ich auch diese Reise recht nach Herzenslust geniessen. Das unmögliche erwart ich nicht. Gott hat nicht gewollt dass der Vater die so sehnlich gewünschten Früchte die nun reif sind geniessen solle, er hat ihm den Apetit verdorben und so seys. ich will gerne von der Seite nichts fordern als was ihm der Humor des Augenblicks für ein Betragen eingiebt. Aber Sie mögt ich recht fröhlich sehen, und ihr einen guten Tag bieten wie noch keinen. ich habe alles was ein Mensch verlangen kan, ein Leben in dem ich mich täglich übe und täglich wachse und komme diesmal gesund, ohne Leidenschafft, ohne Verworrenheit, ohne dumpfes Treiben, sondern wie ein von Gottgeliebter, der die Hälfte seines Lebens hingebracht hat, und aus Vergangnem Leide manches Gute für die Zukunft hofft, und auch für künftiges Leiden die Brust bewährt hat, wenn ich euch vergnügt finde, werd ich mit Lust zurück kehren an die Arbeit und die Mühe des Tags die mich erwartet. Antworte Sie mir im ganzen Umpfang sogleich – wir kommen allenfalls in der Hälfte Septembers das nähere bis [50] auf den kleinsten Umstand soll Sie wissen wenn ich nur Antwort auf dies habe. Aber ein unverbrüchlich Geheimniss vor der Hand auch gegen den Vater Mercken Bölling pp allen muss unsre Ankunft Überrraschung sein. ich verlasse mich drauf. Hier vermuthet noch niemand nichts. d. 9. Aug. 1779.

G.


Wie ich mir unsre Quartiere gedacht habe und was wir brauchen pp das alles soll in meinem nächsten Brief folgen wenn Sie mir erst ihre Ideen geschrieben hat.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1779. An Katharina Elisabeth Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-76D6-7