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An Christiane von Goethe

Töplitz d. 28. Aug. 1810.

Ich hoffe daß Ihr diesen Tag vergnüglich feyern werdet, besonders wenn Ihr so schön Wetter habt wie es hier ist. Carl hat mir heute früh einen herzlichen Glückwunsch gebracht, und dabey ist's geblieben. Niemand weis von meinem Feste und ich werde es wohl im Stillen zubringen.

Die Bäder bekommen mir auserordentlich wohl. Dies war um so erwünschter als ich diesmal in Carlsbad kein Glück hatte. Von meinen Übeln blieb ich[375] nicht ganz frey, die Arbeit wollte nicht vom Flecke, das Wetter war abscheulich und die Gesellschaft in politischen Spannungen. Deshalb ich seit Abreise der Kayserinn kaum einen vergnügten Tag hatte. Die hiesigen Bäder dagegen haben mich auf eine wunderwürdige Weise hergestellt. Du erinnerst dich daß Capellmeister Müller sie mir sehr dringend empfahl. Grüße ihn schönstens und sage ihm: es sey wircklich alles Gute für mich daraus erfolgt. Auch für deine Zustände würden sie sehr heilsam seyn. Vielleicht brauchst du sie nächstes Jahr und siehst Dresden bey dieser Gelegenheit das nur sieben Meilen von hier liegt. Der Herzog geht den 31. ab. Ich will noch eine Woche länger bleiben, sodann über Dresden und Freyberg nach Hause gehen und zu Michael bey euch seyn. Die Gegend ist hier auserordentlich schön, besonders zum Spazierenfahren, denn es liegen viel Schlösser, Städtchen und Lustörter umher. Alle Menschen sind gutmüthig, gastfrey und würden wie im Himmel seyn, wenn die unseligen politischen Spaltungen nicht wären. Übers Jahr gehe ich wieder hieher und dann kannst du mit Carolinchen nachkommen. Zu tanzen giebts wenig; aber desto mehr Rutscherchen.

An Äugelchen fehlts nicht jungen und alten, bekannten und unbekannten und was das Beste ist alles geht geschwind vorbey. Die Herzoginn von Curland hat mich freundlich auf ihr Gut eingeladen, das bey Altenburg liegt. Wahrscheinlich besuche ich sie auf[376] der Rückreise. Sehr wichtig ist mir daß ich den König v. Holland habe kennen lernen, mit dem ich in einem Hause wohne. Ich sehe ihn öfter und er hat Vertrauen und Güte gegen mich, wovon ich dir manches zu erzählen habe.

Im Schauspiel bin ich wenig; Sie haben einen einzigen Ackteur der brav ist, die übrigen sind unglaublich schlecht und die Liebhaberinnen sehr häßlich. Einen Brief von August habe ich erhalten. Grüße ihn schönstens uns so auch die Theaterfreunde. Richte alles recht ordentlich ein, damit wir einen frohen Winter haben. Ich wünsche öfter Freunde bey Tisch und die Musickübungen recht thätig und treulich fortgesetzt. Wenn Carolinchen recht artig ist soll sie übers Jahr hier auch baden.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-775D-2