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An Carl Friedrich Zelter

Ihrer Briefe, die nach einander ankommen, erfreue ich mich gar sehr und fahre fort, einiges zu erwiedern. Wie erwünscht wäre mir gewesen, Ihr Oratorium mit anhören zu können: denn leider bin ich von Musik gar zu sehr abgeschnitten, und das Bißchen Operette, ob wir gleich mitunter recht gute Stimmen haben, wills doch auch nicht thun. Daher scheint auch in mir aller Gang und Klang verschwunden, so wie alle Imagination, die sich auf Musik bezieht. Vielleicht führt uns das gute Glück und ein vernünftiger Vorsatz bald wieder zusammen, und wir finden uns im Stande etwas in Gesellschaft zu arbeiten.

Daß Ihnen mein Elpenor Freude gemacht hat, ist mir höchst angenehm und der Zweck dieser Blätter nun schon erreicht. Doch ist vielleicht bey dem Beyfall, den Sie meinem Fragmente schenken, Ihre Neigung zu mir und meinem Wesen als mitwirken anzusehen: denn ich gestehe gern, daß ich diese Arbeit selbst nicht mehr beurtheilen kann. Wenn etwas ins[322] Stocken geräth, so weiß man immer nicht, ob die Schuld an uns oder an der Sache liegt. Gewöhnlich aber wirft man eine Abneigung auf etwas, das man nicht vollenden kann, als auf ein Ding, das uns widerstrebt und das wir nicht Herr werden können. Überhaupt habe ich bey Herausgabe meiner Sachen geworden sind, ja daß ich fast kein Interesse mehr daran habe. Das geht so weit, daß ich, ohne freundliche treu fortgesetzte Beyhülfe, diese zwölf Bändchen gar nicht zusammengebracht hätte. Jetzt haben wir sie aber meist hinter uns und bis Einen kommen sie diese Tage sämmtlich in Cotta's Hände. Da mag nun weiter aus uns werden, was will so wäre doch soviel gerettet. Ich freue mich zum Voraus auf den Spaß, den Ihnen der fortgesetzte Faust machen wird. Es sind Dinge darin, die Ihnen auch von musikalischer Seite interessant seyn werden.

Können Sie mir das Verzeichniß der von Berlin weggeführten Kunstschätze ertheilen, so geschieht mir ein Gefallen. Wenn man nur weiß, wo sie aufbewahrt werden, so sind sie uns nicht verloren.

Leben Sie recht wohl und lassen Sie nach Carlsbad von sich hören.

Weimar den 7. May 1807.

G. [323]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1807. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7773-E