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An Johann Friedrich Rochlitz

Den allerschönsten Dank, theuerster Mann, für die gefällig mitgetheilte Nachricht wie es meinem redigirten Faust vor und nach der Aufführung ergangen. Bey meiner vieljährigen Theaterverwaltung hab ich eine solche oft verlangte ja dringend geforderte Vorstellung niemals begünstigt und sie auch jetzt am Orte im eigentlichsten Sinne nur geschehen lassen. Was man auch übrigens von der Aufführung halten mag, so geht doch besonders aus der in Leipzig die alte Wahrheit: man solle den Teufel nicht an die Wand mahlen, auf's deutlichste hervor.

Wegen der freundlichen Anfrage, welche Ihr lieber Brief enthält, will ich Folgendes aufrichtig erwidern. Des Herrn Grafen Ankunft in Weimar, würde, nach der mir gegebenen Kenntniß, in den December fallen, einen Monat, der mich schon seit vielen Jahren, besonders aber in meinen alten Tagen, nicht zum besten behandelt, wo ich mich meist in meinem Zimmer aufhalte und leider nur den nächsten Freunden zugänglich [88] bin. Einen so werthen Gast kann ich also auf diese Zeit nicht einladen, da ich keinen Tag und keine Stunde von meinem Befinden sicher bin.

Dieß hindert aber nicht, daß ich in günstigen Augenblicken durchreisende, hier verweilende würdige Personen sehe, spreche und mich mehrmals mit ihnen unterhalte. Würden also Herr Graf Manteusel in jener Zeit Weimar besuchen, wo die beiden Höfe und eine mehrfach interessante Gesellschaft bedeutenden Fremden einen angenehmen Aufenthalt zu bereiten wissen; so würde ich mich glücklich schätzen jede gute mir gegönnte Stunde mit einem solchen Manne zuzubringen, ihm von dem Meinigen was ihn interessiren könnte mitzutheilen und dagegen an den Schätzen seiner Erfahrung und Sammlung freudigen Antheil zu nehmen. Mögen Sie dieß, mein Theuerster, gefällig mit meinen besten Empfehlungen ausrichten und mittheilen, so werde solches dankbarlichst anerkennen.

Freylich fiel Ihr freundlicher Besuch in die gute Jahrszeit, wo die Räume meines Hauses am heitersten zu benutzen sind und dem wohlmeinenden Wirthe bessre Gelegenheit geben seine Gesinnungen gegen Besuchende auszudrücken.

Mit den treusten Wünschen mich geneigtem Andenken und fortgesetzten Mittheilungen angelegentlichst empfehlend.

Und so fort an!

J. W. v. Goethe.

[89] Weimar den 29. September 1829.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1829. An Johann Friedrich Rochlitz. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7783-A