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An Franz Kirms

Ew. Wohlgeboren kann ich nicht verbergen, daß der freundliche und ehrenvolle Antrag des Herrn Generaldirector Iffland mich in eine peinliche Lage versetzt. Wie gern ich Gelegenheitsgedichte bearbeite, habe ich oft gestanden und wie geschwind ich mich zu einem solchen Unternehmen entschließe, davon mag zeugen, daß ich mich so eben mit einem kleinen Vorspiel beschäftige, nach dem Wunsch der Badedirection in Halle, welche etwas Zeitgemäßes, das sich zugleich auf den verewigten Reil bezöge, vor kurzem verlangt hat.

Wie weh es mir also thun muß, eine einzige Gelegenheit, wie die, welche sich von Berlin darbietet, zu versäumen, bedarf keiner Worte. Ich habe die Sache seit vierundzwanzig Stunden, nach allen Seiten, durchgedacht und finde sie nicht ausführbar. Vier Wochen sind ein gar zu kurzer Termin; sie wären es nicht, wenn ich mich in Berlin empfände, oder wenigstens von dem dortigen Theater und den äußeren Verhältnissen früher persönliche Kenntniß genommen hätte.

[277] Die Wirkung nach Halle und in Halle wird mir leicht, es geschiehe durch unsere Schauspieler, deren Fertigkeiten ich kenne, und für die also, mit einigem Geistesaufwand, wohl solche Rollen zu schreiben sind, welche Gunst erwerben. Von Lauchstädt her läßt sich manches anknüpfen, in Halle selbst habe ich persönliche Verhältnisse, und sodann ist es wohl erlaubt, das Ganze überhaupt leichter zu nehmen.

Die Aufgabe für Berlin ist groß und ich erkenne in ihrem ganzen Werth die Ehre, die man mir erzeigt, zu glauben, daß ich sie zu lösen im Stande sey. Ich habe den großen Umfang, dere gefordert werden kann, schnell durchgedacht; aber ich darf keine Erfindung wagen ohne genugsame Zeit und hinreichende Kenntniß. Damit aber dieses nicht eine bloße Ausflucht scheine, so erbiete ich mich eine ähnliche Arbeit durchzudenken die, bey einem bevorstehenden Friedensfeste auf einem so würdigen Schauplatz, wenn sie glückt, mit Ehren erscheinen dürfte.

Hierzu aber wäre nöthig, daß der Herr Generaldirector irgend einem geistreichen Mann den Auftrag gäbe, sich mit mir in Rapport zu setzen und mich mit den Persönlichkeiten der Schauspieler und Gänger, den Rollen, worin sie am meisten gefallen und was man sonst noch für nothwendig hielte, bekannt zu machen.

Hierauf würde ich die Erfindung gründen und mich darüber, auch abwesend, mit den dortigen einsichtigen [278] Männern vorläufig berathen und so getroster an die Ausführung gehen können.

Ich bitte dieses, mit Versicherung eines aufrichtigen Dankes und wahrhafter Verehrung, dem Herrn Generaldirector mitzutheilen.

Berka an der Ilm

Ergebenst

18. May 1814.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1814. An Franz Kirms. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-77C4-5