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An Carl Friedrich von Reinhard

[9. oder 10. Mai.]

Mein Wunsch vor meiner nahen Abreise noch ein Wort von Ihnen, trefflicher Freund zu vernehmen ist also erfüllt. Der Courier soll hoff ich Gegenwärtiges mit sich zurücknehmen. Wohl bin ich in Jena, ganz allein, ohne meinen Notarius. Riemer ist nach Weimar nachdem der letzte Bogen die Revision passirt, woraus Sie erkennen daß wir diese Last für diesmal abgeschüttelt haben. Dienstag den 15ten denke ich abzureisen. Die Ordres Ihr Exemplar zu kompletiren sind gegeben, ich behalte mir vor mit einem ganzen anständigen aufzuwarten. Lassen Sie die Arbeit wie bisher Ihrer Theilnahme empfohlen seyn. Diesen Sommer hab ich es wieder mit den zärtlichen Herzen zu thun, die ich auf's neue mit einigen Problemen zu beunruhigen gedenke.

Eben kommt ein junger Professor Voigt von hier, ein Neveu Blumenbachs auf den mancherley Tugenden seines Onckels übergegangen sind, von Paris zurück, wo er sich zehen Monate aufgehalten. Es macht mir sehr viel Freude uns jene seltsame Stadt durch einen jungen lebhaften Mann in ihren Einzelheiten vergegenwärtigt zu sehen. Eigentlich beschäftigt er sich mit Botanick und Naturgeschichte, ist mäßig, geistreich und gescheidt, hat den 14. Octbr. hier überstanden [287] und ist auf seiner Gegenvisite von den Franzosen sehr gut aufgenommen worden.

Die neue Postkarte des Königreich Sachsen habe ich mir angeschafft und nehme sie mit nach Carlsbad, besonders weil ich sie an die Wand nageln und wie Jonas auf Ninive, doch mit besserm Humor als er, auf die bunt illuminirte Fläche schauen, ob sich nicht irgend ein Farbenwechsel darauf hervorthun mögte. Vielleicht ließe sich im supplementaren Theil auch noch ein Capitel von den politischen Farben nachbringen.

Mit der Sendung der Letzten Bogen, welche freylich vor meiner Abreise nicht abgehen kann, schreibe ich noch ein Wort. Herrn Zimmer oder sein Portefeuille erwarte ich in einigen Tagen.

Und somit für diesmal ein herzliches Lebewohl! Lassen Sie mich nach Carlsbad von Sich hören. Die ersten Gläser Wein dort sollen auf Ihre Gesundheit ausgetruncken werden, wenn er auch schon nicht so gut ist als jener den ich damals Ihrer Güte verdanckte. Nochmals Adieu.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Carl Friedrich von Reinhard. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-77D3-3