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An Franz Heinrich Müller

[Concept.]

[5. März 1828.]

Die von Ihnen, mein Werthester, eingesendeten lithographischen Blätter haben Ihro Königliche Hoheit mit Vergnügen betrachtet, so wie die Weimarischen Kunstfreunde denselben ihren Beyfall nicht versagen konnten. Mir besonders haben Ihre glücklichen Fortschritte, nicht weniger Ihr günstiges Verhältniß zu Herrn Velten besondere Freude gemacht, da ich bisher wegen Ihrer künftigen Lage hier am Orte nicht ohne Sorge war.

Wie Sie die technischen Hülfsmittel zu einer so schwierigen Arbeit hier verlassen, ist Ihnen am besten [8] bekannt, auch nicht verborgen, wie das Bestreben, Sie in Thätigkeit zu setzen, keineswegs geglückt, indem von dem sämmtlichen Verlag der sechs Blätter nichts abgesetzt worden, da ich denn schon längst anfragen wollte, ob Herr Velten den ganzen Verlag in Commission zu nehmen nicht geneigt wäre?

Haben Sie nun in dieser Zeit aus eigner Erfahrung und Behandlung gewiß eingesehen, daß für einen Künstler Ihrer Art nur in einer großen Anstalt eine Existenz zu finden sey, wo er, übrigens unbekümmert um alles Mechanische, Chemische, Technische, ruhig das Talent eines Zeichners ausüben könne; finden Sie sich nun gegenwärtig in solcher Lage, zeugen Ihre Arbeiten von einem geschickten selbstständigen Künstler, ist Ihnen das Glück eines günstigen Verhältnisses zu Herrn Velten geworden und schon so lange dauernd geblieben, so möchte nach meiner Ansicht das Vortheilhafteste seyn, sich an einem Ort zu fixiren, wo es Ihnen so wohl ergeht und wo ein Fürst regiert, der, wie Herrn Veltens Unternehmungen selbst ausweisen, Künste und Gewerbe in allen Zweigen zu fördern sich angelegen seyn läßt.

Kann ich Ihnen nun hier am Orte zu einer ähnlichen Anstalt keine Hoffnung machen, verhindern mich die mäßigen Einkünfte der mir anvertrauten freyen Zeichenschule, Ihnen eine hinreichende Besoldung auszusetzen, werden zu andern dringenden Erfordernissen Ihr bisher offenstehendes Quartier und sonstigen Emolumente höchst nöthig, so muß ich freylich wünschen, [9] daß Sie über Ihre Lage baldigst Entschluß faßten und mich davon in Kenntniß setzten.

Es ist wohl schon mehrmals geschehen, daß Ihro Königliche Hoheit junge Männer, die sich durch Ihro Gunst bedeutend heranbildet, auch außerhalb Landes ein erwünschtes Glück finden sahen und sich an dem Dank erfreuten, der Höchst Denenselben dagegen entrichtet wurde. Und so werden auch Sie als ein zartfühlender Mann das Andenken vieljähriger Begünstigung und Förderniß gewiß nicht verlieren.

Nehmen Sie diese aus aufrichtiger Gesinnung, bey obwaltenden Umständen, entsprungene Erklärung ebenmäßig an und überzeugen sich daß es mir wehe thut, nicht im nahen Geschäftskreise einen dergestalt ausgebildeten Künstler aufnehmen und zu den nächsten Zwecken mich seines erprobten Talentes erfreuen zu können.

Empfehlen Sie mich Herrn Velten zum schönsten, dessen Thätigkeit und Charakter ich um so mehr schätzen werde, als er zum Glück eines jungen Manns, der mir längst empfohlen ist, so wie bisher also auch für die Zukunft beyzutragen geneigt seyn wird.

Weimar den 27. Februar 1828.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1828. An Franz Heinrich Müller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-77EF-7