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An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeb.

haben der ganzen wissenschaftlichen Welt und mir besonders durch Ihre akademische Rede ein großes Geschenk gemacht, auch mein gnädigster Herr, der Großherzog liest solche mit Aufmerksamkeit und dankt bestens für die Mittheilung. Ich habe diese Darstellung benutzt um mich daran zu prüfen und so auf einmal eingesehen was ich wußte, was ich vergessen und was noch zu lernen sey. Möge es Ihnen an der neuen Stelle recht wohl gehen, da sie Ihnen Gelegenheit giebt in solchem Grade wirksam zu seyn.

Zugleich hat es mir viel Freude gemacht zu sehen, daß Ew. Hochwohlgeb. auf diejenigen Stellen dieser Wissenschaft hindeuten, wo bedeutende Mängel unter der Hülle des Vorurtheils eine ehrenhafte Rolle spielen. Daß Sie des braven und einsichtigen Charpentiers gedenken, und zwar so ehrenvoll, war mir höchst erwünscht, denn aus seinem zurückgeschobenen Büchlein muß unserer Ganglehre, die gar sehr im Argen liegt, früh oder spät ein Heil hervorgehen. Möge es Ihnen, [283] trefflicher Mann, gelingen den Eckstein, den die Bauleute verworfen, an der rechten Stelle zu grün den.

Zur Lehre: von Verrückung der Gänge, die noch lange Problem bleiben wird, habe die instructivsten Musterstücke im Kleinen zusammengebracht. Die Exemplare sind nur handgroß, sprechen aber das Factum auf das allerdeutlichste aus. Sehen und schauen kann man hier bequem, aber was soll man denken und sagen?

Soviel für dießmal.

Indem ich dieses Blatt nochmals durchsehe, muß ich bemerken, daß ein Wort von der herrlichen Darstellung wovon Ihre Rede recht musterhaft glänzt, gesagt ist. Sie wird von allen Lesern bewundert und so will ich auch nur dieses Wenige, das sich schon von selbst versteht, über die Form Ihrer so gehaltreichen Rede hinzugefügt haben.

Mir fortdauernde Mittheilung und Belehrung erbittend

gehorsamst

Weimar d. 24. December 1816.

Goethe

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An Carl Cäsar von Leonhard. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-78D6-6