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An Carl Ludwig von Knebel

Für die mitgetheilten orientalischen Perlen danke zum allerschönsten. Ich habe sie sogleich mit aufgereiht. Wenn du noch etwas dergleichen besitzest, so bitte mir es nicht vorzuenthalten. Meine Schatzkammer fühlt sich täglich mehr mit Reichtümern aus Osten; wie ich sie ordnen und aufstutzen kann, muß die Zeit lehren. Ich segne meinen Entschluß zu dieser Hegire, denn ich bin dadurch der Zeit und dem lieben Mittel-Europa entrückt, welches für eine große Gunst des Himmels anzusehen ist, die nicht einem jeden widerfährt.

Die neuen Seebeckischen Versuche und Entdeckungen sind allerliebst, ich möchte sie dir vorzeigen und auslegen. Du erinnerst dich der Farben, die ich epoptische genannt habe, die auf den Oberflächen der Körper durch Hauch, Druck, Erhitzung u.s.w. entspringen; nun hat man gefunden, daß auch im innern des Glases, es sey in Scheiben- oder Körpergestalt, wenn es schnell verkühlt, durch Reflexion zwischen 2 Spiegeln, sich farbige Bilder erzeugen, die sich nach der Gestalt der Körper richten, in vollkommener Ähnlichkeit mit den Chladnischen Tonfiguren. Man muß das Phänomen mit Augen sehen, weil das Wunderbare und Anmuthige davon nicht zu beschreiben ist.

Und hiermit für dießmal das schönste Lebewohl!

Weimar d. 8. Febr. 1815.

G. [190]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-793E-7