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An Johann Gottfried Herder

d. 17. Febr.

Heute kommt mir die frohe Nachricht daß Iphigenie angekommen, nach meinem Wunsche es zu erfahren eh ich nach Neapel ginge. Nun bin ich los und frey und dancke euch zum Abschied für alles Gute. Auch tausend Danck für Rath und Meynung wegen der Sicilianischen Reise. Ich will nun weiter nicht daran dencken und es werden laßen. Ich fühle jedes Wort deines Briefes über deinen Zustand und jede Sorge der Frauen um die Kinder, ich würde in meinem Glücke traurig über euch werden, wenn ich nicht sähe, [186] daß ich auch für Euch genieße und Euch herrliche Gastmäler von Phasanen zubereite.

Von einer kleinern Art Vögel kommt ein ganzer Transport. Ein Päckchen Zeichnungen oder vielmehr Krabeleyen nach der Natur, um Euch wenigstens einen Blick des Landes im allgemeinsten zu geben. Auf der Reise wird viel gezeichnet werden. Tischbein geht mit mir.

Ersucht Fr. v. Stein daß sie die Bildchen wenn sie kommen circuliren laße, auch Prinz August und Franckenberg sie sehen. Zuletzt aber sollen sie wieder bey ihr zurück kommen, daß sie zusammenbleiben, einzeln bedeuten sie nichts. Zur Lust der Kinder sind auch Masken des Carnevals und einige römische Kleidungen, mehr geschrieben als gezeichnet und dann mit Farben gleich einem Orbis pictus bestrichen worden.

Grüse die guten Kinder! auch ihnen bring ich viel Freude mit. Haltet aus bis ich komme und mich in Caryatiden Figur wieder unterstelle, der ich nun schlendre und wandle. Wenn nun einige Posttage Briefe ausbleiben sollten; so seyd ohne Sorge es geht mir wohl.

Die Schöne des Wetters ist über alle Worte. nach allen Aspeckten wird es dauerhaft seyn. Die Mandeln blühen und machen eine neue luftige Erscheinung zwischen den dunkelgrünen Eichen. Der Himmel ist wie ein hellblauer Tafft von der Sonne beschienen.

[187] Von Rom geh ich gerne, ja es ist Zeit daß ich gehe um in froherer Welt zu verdauen. Ich habe genutzt was ich nutzen konnte und bey meiner Rückkehr soll die letzte Hand angelegt werden. Die Haupt Massen sind angelegt und ich kann mein ganzes Leben durch daran ausbilden.

Fast kann ich sagen: ich habe keinen Augenblick verlohren; ich habe auch die unbedeutendern zu nutzen gewußt.

Das Carnaval hab ich satt! Es ist, besonders an den letzten schönen Tagen ein unglaublicher Lärm, aber keine Herzensfreude. Die Großen sind oekonomisch und zurückgehalten, der Mittelmann unvermögend und das Volck lahm. Von der Redoute lief ich diese Nacht, nach ausgestandner halben Stunde weg.

Empfiehl mich dem Prinz August und Franckenberg, letzterem will ich für ein Intaglio sorgen womit er zufrieden seyn soll. Empfiel mich der Herzoginn Mutter.

Es fällt mir eins über das andre ein! Bitte Fr. v. Stein die Zeichnungen wenn sie ankommen, dem alten Schnaus zeigen zu laßen. Auch wenn ihm einfallen sollte eins oder das andre zu kopiren, es ihm zu leihen.

Mir der nächsten Post schicke ich ein Verzeichniß wie die Exemplare meiner Wercke ausgetheilt werden sollen die mir Göschen zu geben hat. Deine Frau mit Fr. v. Stein wird sich der Distribution annehmen.

[188] Lebt wohl meine lieben ich sinne hin und her ob mir noch etwas einfällt. Bald werden die Narren im Cors erscheinen und dann ist keine Ruhe mehr.


Abends nach verklungner Tollheit.

Ich habe Moritzen aufgemuntert dir zu schreiben. Sein Brief liegt bey. Antworte ihm und sag ihm was dienlichs und hilf ihm. Es ist ein sonderbar guter Mensch, der viel weiter wäre wenn er immer Men schen gefunden hätte, die ihn zur rechten Zeit aufgeklärt hätten. Erlaube ihm daß er manchmal schreibt und hilf ihm zur Reise seines antiquarischen Unternehmens, du hast nicht leicht eine Mühe beßer angewendet und eine Lehre in ein fruchtbarer Erdreich gelegt. Lebt wohl grüßt die Kinder! Möge die Frühjahrsluft alle Übel wegwehen. – Sage doch auch Moritzen ein Wort über seine Prosodie.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1787. An Johann Gottfried Herder. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7953-6