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An Friedrich Schiller

Ihre Abhandlung schicke ich hier mit vielem Danke zurück. Da diese Theorie mich selbst so gut behandelt, so ist nichts natürlicher als daß ich den Principien Beyfall gebe und daß mir die Folgerungen richtig scheinen. Ich würde aber mehr Mißtrauen darein setzen, wenn ich mich nicht anfangs selbst in einem polemischen Zustand gegen Ihre Meinung befunden hätte. Denn es ist Ihnen nicht unbekannt daß ich, aus einer allzu großen Vorliebe für die alte Dichtung gegen die neuere oft ungerecht war. Nach Ihrer Lehre kann ich erst selbst mit mir einig werden, da ich das nicht mehr zu schelten brauche, was ein unwiderstehlicher [339] Trieb mich doch, unter gewissen Bedingungen, hervor zu bringen nöthigte, und es ist eine sehr angenehme Empfindung mit sich selbst und seinen Zeitgenossen nicht ganz unzufrieden zu seyn.

Ich bin diese Tage wieder an den Roman gegangen und habe alle Ursache mich daran zu halten. Die Forderungen wozu der Leser durch die ersten Theile berechtigt wird, sind wirklich, der Materie und Form nach, ungeheuer. Man sieht selten eher wie viel man schuldig ist, als bis man wirklich einmal reine Wirthschaft machen und bezahlen will. Doch habe ich guten Muth. Es kommt alles darauf an, daß man die Zeit wohl braucht und keine Stimmung versäumt. Leben Sie recht wohl. Weimar den 29. November 1795.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1795. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7969-5