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An Johann Georg Schlosser
Du hast sehr wohl gethan, mein lieber Bruder, daß du mir eine umständlichere Beischreibung deines Gartens zusendetest. Sie sieht freylich ganz anders aus, als deine erste, allzu bescheidene Ankündigung. Du hast einen großen Raum der noch erst anzulegen ist, dabey kannst du also viel brauchen und ich werde dir mit Vergnügen von unserer Seite was ich kann beytragen.
Du erhältst hiermit zuerst den Katalog der Jenaischen neuen Anlage. Da er 1797 gedruckt ist, so haben wir freylich gegenwärtig viel mehr. Vielleicht kann ich dir bald einen Nachtrag schicken. Hiervon wähle du aus was dir fehlet, und es soll entweder im Herbst oder Frühjahr wie du es verlangst, und wie es sich schicken will aufwarten.
Ferner haben wir des Herzogs Anlagen; ich weiß aber nicht ob ein vollständiger Katalog, der darinn befindlichen und vorräthigen Pflanzen, gemacht ißt. Sodann einen Hofgärtner Reichardt der mit Sämereyen und Pflanzen handelt, dessen Katalog du in kurzem auch erhalten sollst.
Von beyden ersten kann ich dir die Exemplare unentgeltlich und von dem letzten, in meinem Verhältniß, um billige Preise schaffen. Laß uns die [169] Sache von Anfang etwas eifrig betreiben! Ich will dir in kurzem hinter einander was ich von diesen Verzeichnissen habhaft werden kann, übersenden.
Schreibe mir was du brauchst und wünschest, und an der Besorgung soll es nicht fehlen.
Sind wir alsdann so weit so wünschte ich daß ich auch über die Wissenschaft selbst zwischen uns eine kleine Communication eröffnete. Da es, wie man zu sagen pflegt viele Wege ins Holz giebt, so habe ich den Weg der Metamorphose sehr vortheilhaft gefunden die Ansicht ist geistig genug und da man die Idee immer durch die Erfahrung sogleich ausfüllen und bewähren kann so hat mir diese Vorstellungsart immer viel Zufriedenheit gegeben. Ich weiß nicht, ob du meinen kleinen Aufsatz über die Metamorphose der Pflanzen gesehen hast? Ich besitze selbst kein Exemplar mehr, kannst du aber keins in deiner Nahe finden, so will ich es allenfalls schaffen. Es kommt alsdann darauf an ob du dieser Art die Sache zu nehmen ein Interesse abgewinnst da ich denn gar gern zu jenen kurzen Sätzen einen fortlaufenden Commentar aus meinen bisherigen Erfahrungen, mittheilen könnte. Ich habe viel zu diesem Zwecke gesammelt und es sollte mich freuen, wenn ich, ohne es zu erwarten oder zu ahnden, etwas für dich vorgearbeitet hätte, und ein solcher Anlaß würde für mich selbst eine Wohlthat seyn. So viel hiervon für heute.
[170] Ich wünsche daß die gute Laroche gesund und ohne physischen Unfall nach Hause kommen möge! alsdann ist es für ihr Alter wirklich eine schöne Expedition die sie zurückgelegt hat. Ihr Verhältniß zu Wieland ist einzig und sich nach so viel Jahren bey noch ziemlich bestehenden Geistes- und Leibeskräften wieder zu sehen ist ein sonderbarer und angenehmer Fall. So wie man sagen kann daß es auch zwey einzige Naturen sind. Ich glaube nicht ob daß es, unter bedeutenden Menschen ein schuldloseres Paar geben kann.
Ich wünsche dir Glück daß du deinem Knaben noch einen guten Gesellen so nahe gefunden hast. Suche nur, wenn es möglich ist sie viel unter ihres Gleichen zu bringen. Da setzt sich das was man thun kann, will darf und soll am besten ins Gleichgewicht. Wie sehr du in dem großen Frankfurt allein seyn magst, kann ich mir recht gut vorstellen unser kleiner Kreis, wenn ich besonders Jena mit dazu nehme, ist dagegen ein wahres Feenmärchen. Die Masse von interessanten Menschen die hier einander so nahe sind, und von denen ich dir nur einmal die Silhouetten zeichnen möchte, ist, wie du dir leicht denken kannst, in einer immerwährenden Gährung und in einem Conflict dem man gerne zusieht und worin man allenfalls, entweder vernünftig oder leidenschaftlich, gern auch einmal mitspielt.
[171] An Gerning will ich deinen Austrag ausrichten. Er macht alle Anstalten berühmt zu werden. Ich wünsche daß es gut ablaufe.
Du bist bey uns unvergessen und jeder wird sich freuen dessen du gedenkst.
Was Fichten betrifft, so thut mirs immer leid, daß wir ihn verlieren mußten, und daß seine thörige Anmaßung ihn aus einer Existenz hinauswarf, die er auf dem weiten Erdenrund so sonderbar auch diese Hyperbel klingen mag, nicht wieder finden wird. Je älter man wird je mehr schätzt man Naturgaben, weil sie durch nichts können angeschafft werden. Er ist gewiß einer der vorzüglichsten Köpfe aber wie ich selbst fürchte für sich und die Welt verloren. Seine jetzige Lage muß ihm zu seinen übrigen Fratzen noch Bitterkeit zufügen. Übrigens ist es so klein die Sache scheint, ein Glück daß die Höfe in einer Angelegenheit, wo eine unverschämte Präoccupation, wie du weißt, so weit ging, einen Schritt thun konnten, der, wenn er von der einen Seite gebilligt wird, von der andern nicht getadelt werden kann. Und ich für meine Person gestehe gern, daß ich gegen meinen eignen Sohn votiren würde, wenn er sich gegen ein Gouvernement eine solche Sprache erlaubte.
Lebe wohl und laß uns wie ich schon sagte, in dieser ersten Zeit unsere Correspondenz etwas lebhaft treiben, damit wir gleichsam in den Erholungsstunden, wo du von deinen Geschälten ausruhst zusammen seyn. Ist [172] alles einmal eingeleitet, dann mögen denn auch unsere Briefe einen gemächlichern Gang gehen der wie ich hoffe bis ans Ende unseres Lebens gemüthlich bleiben soll.
Weimar am 30. Aug. 1799.
G. [173]